Campen neben dem Lava-spuckenden Fuego Vulkan und Weiterfahrt nach El Salvador

Chichicastenango

Friedhof in Chichicastenango

Nach Antigua sind wir weiter nach Chichicastenango, Heimat des scheinbar grössten Aussenmarktes Lateinamerikas. Der Markt war schon vor Ankunft der Spanier einer der wichtigsten Handlungsorte für die Maya und wird auch heute noch hauptsächlich von den K’iche Maya besucht. Der Markt ist riesig, bunt und es wird alles verkauft, was das Herz begehrt, auch wieder lebendige Tiere. Inmitten des Marktes steht die Kirche Santo Tomas. Auf den Treppen werden wunderschöne Blumen verkauft, Feuer gemacht, Weihrauch verbrannt und Opfergaben bereitgestellt. In der Kirche selbst findet gerade eine Taufzeremonie statt. Wir besuchen den Friedhof Chichicastenango. Die riesigen Gräber sind bunt und mit viel Liebe und den Interessen der Verstorbenen wahrend dekoriert – ein schöner Anblick. Normalerweise wird zum Beispiel die Lieblingsfarbe des Toten für das Grab genutzt. Neben dem Friedhof stossen wir auf einen weiteren Schrein, wo die Maya ebenfalls Zeremonien abhalten.

Lago de Atitlán

Raphi am Atitlan See

Weiter fahren wir zum Lago de Atitlán – See. Der riesige pittoreske See, umgeben von Vulkanen wird total gehypt von Backpackern, der alternativen Szene, Spirituellen und vielen mehr. Entsprechend gibt es hier alles was das Hipster-Herz begehren könnte – von spirituellen Feuerzeremonien, schamanischer Heilung im Yoga-Wald (ja, der heisst so) bis zu Festivals zur Erweiterung des spirituellen Bewusstseins mit LSD-Microdosaging. Wir haben keine Zeit dafür – wir wollen nämlich pünktlich zum schön vorhergesagten Wetter den Vulkan zurück bei Antigua besteigen. So beschränken wir uns, eine Nacht am See zu campen und am Morgen ein paar süsse Dörfer um den See mit dem Boot-Collectivo zu erkunden. Die kleinen Motorboote funktionieren wie Fähren, d.h. sie gabeln auf der Strecke immer neue Passagiere auf und laden sie beim gewünschten Stopp ab, man muss nur auf sich aufmerksam machen. Süss sind auch all die Tuktuks die rumfahren – oft werden sie von den Besitzern bemalt, getunt und mit riesen Musikboxen ausgestattet. Wir laufen auf eine schön bemalte Aussichtsplattform und verabschieden uns dann leider auch bereits wieder vom See.

Volcán Acatenango und Volcán de Fuego

Ausbruch des Fuego’s bei Nacht

Wir fahren zurück Richtung Antigua. Hier übernachten wir am Fusse des Acatenango Vulkans auf 2500 Metern. Am nächsten Tag laufen wir hoch auf den Vulkan. Ziel ist, den aktiven (aber zuletzt 1972 ausgebrochenen) Acatenango Vulkan zu besteigen und dabei Aussicht auf den hyperaktiven Zwillingsvulkan Fuego zu haben. Im Gegensatz zu so gut wie allen anderen gehen wir ohne Tour, müssen dafür aber Zelt, Schlafmatte, Schlafsäcke, Essen und Wasser selber schleppen und durch die verschiedenen Wege selbst navigieren. Wir gehen früh los, um nicht inmitten von Tourgruppen festzustecken. Die Wanderung ist schön. Zuerst durch Wiesen und Pinienwäldern, dann durch Dschungel / Nebelwald und schliesslich Eichenwald, bis sich dieser lichtet und man nur noch in teils schön bunten Büschen auf der schwarzen Vulkanasche läuft. Es ist durchaus anstrengend, vor allem mit den 12 Kilo (Anouk) und 16 Kilo (Raphi) Gepäck, welches wir schleppen. Da wir uns für den westlichen Weg entschieden haben und die meisten Tourgruppen östlich laufen treffen wir auf dem Wanderweg praktisch Niemanden an. Nach guten 4 Stunden und 1200 Höhemetern erreichen wir endlich die Terrassen mit Aussicht auf den Fuego. Dies zu diesem Zeitpunkt nur theoretisch, da wir uns den ganzen Nachmittag in einer Nebelsuppe befinden. Plötzlich hören wir ein extrem lautes, wütendes Donnern. Zuerst total erschreckt stellen wir schliesslich fest, dass das einfach ein Ausbruch von Fuego ist. Umso unheimlicher, wenn man den Vulkan aufgrund der Wolken nicht sehen kann. Bei den Terrassen wo man campen kann ist niemand anzutreffen. Wir haben damit gerechnet einer Tour Geld geben zu müssen, um eine Terrasse mit unserem Zelt mitnutzen zu dürfen, aber es ist ja niemand da. Eine Zeitlang machen wir uns Sorgen, ob die Touren vielleicht aufgrund von schlimmen Gewittern oder einem Vulkanausbruch abgesagt wurden, aber nach ein paar Stunden kommt dann doch eine einzige Tourgruppe, die aber weit unter uns campt. Wir fühlen uns fitter als erwartet und bereuen nicht den östlichen Tourgruppen-Weg genommen zu haben. Von dort hätten wir uns nämlich noch einer Tour anschliessen können, die noch weiter geht und zwar auf den Kamm des Fuego Vulkans selbst. Diese Fortsetzung ist ohne Tour zu riskant und von unsrem Standort nur mit einem mehrstündigen Umweg möglich. Als wir in der Dunkelheit die Lichter der Stirnlampen auf dem Kamm des Fuegos sehen und wie links und rechts davon Lavabrocken runterkrachen und sie in Vulkanstaub-Asche eingedeckt werden sind wir wieder halbwegs froh, es nicht gemacht zu haben. Der Ausflug war auch so abenteuerlich genug. Mit Sonnenuntergang verschwanden die Wolken und wir konnten die ganze Nacht, die im Intervall von 10 bis 20 Minuten erfolgenden Ausbrüche des Fuegos mit spuckender und fliessenden Lava aus nächster Nähe vom Zelt aus mitverfolgen. Jedes Mal ist der Ausbruch mit tosendem Lärm verbunden – die Kraft der Natur hier ist einfach unbeschreiblich. Durch den Lärm und die Kälte konnten wir zwar kaum schlafen, aber das machte nichts. Das Erlebnis war einzigartig, unvergesslich und als Gesamtereignis die mit Sicherheit tollste Wanderung, die wir je gemacht haben.

Warten auf den Sonnenaufgang

Um 4 Uhr morgens packten wir unsere Sachen zusammen und liefen die restlichen 300 Höhemeter auf den Krater des Acatenango hoch. Hier haben wir weiterhin schöne Aussicht auf den Fuego: Mit Tagesanbruch sieht man die Lava weniger, dafür die starke Rauchwolke besser. Der Sonnenaufgang ist wunderschön und ein wenig Nebelmeer haben wie auch dabei. Eindrücklich ist der Schatten des Berges. Erschöpft machen wir uns auf den Runterweg.

Abschied von Guatemala

Die beste Lasagne vom Dutch Oven

Da wir wieder mal waschen und Anderes erledigen müssen, fahren wir zurück in die schöne Stadt Antigua. Der Inhaber eines Event-Schlossgartens lässt hier Overlander auf dem Parkplatz übernachten und da Antigua allgemein sehr beliebt ist, ist man hier meistens nicht alleine. Und siehe da, zufällig kommen die Schweizer wieder, die wir bereits an den heissen Wasserfällen in Guatemala getroffen haben, wir treffen Holländer wieder, die wir in Mexico getroffen haben, eine deutsche Familie im Feuerwehrtruck, die wir von vergangener Woche in Antigua kennen und eine amerikanische Familie mit welcher wir bereits über soziale Netzwerke in Kontakt waren. Die schönste Überraschung war Steffi und Karsten von Dino Adventure kennenzulernen. Die beiden sind seit 2019 auf der Panamericana unterwegs und wir haben schon lange vor dem Start unsrer Reise ihre Youtube Videos gekuckt und uns dabei auf unsere eigene Reise gefreut. Wir hätten dabei nie gedacht, dass wir sie je einholen würden, aber die Pandemie hat halt so manche Pläne durcheinander gebracht. Mit all diesen Reisenden verbringen wir so 2 super Abende auf dem Stellplatz inklusive Lasagne im Dutch Oven (die beste seit sehr sehr langem) und S’Mores (Marshmellows überm Feuer mit Schokolade und Keks). Danach heisst es leider weiter für uns.
Auf dem Weg zur Grenze repariert Raphi noch den kapputten Reifen von ein paar Locals, worauf wir zu mehreren Kokosnüssen eingeladen werden. Wir übernachten auf einer Tankstelle und überqueren am nächsten Morgen die Grenze. Es ist schade, dass wir so im Zeitdruck sind. Wir haben das Gefühl dass wir Guatemala mit seinen Naturwundern und seiner Jahrhunderten alten, immer noch stark gelebten Maya Kultur und dem angenehmen Klima viel zu wenig Zeit gegeben haben. Aber mit dem Verschiffungstermin im Juni ab Panama sind wir nun halt im Zeitdruck.

Ankunft in El Salvador

Die Grenzübergänge werden zwar konstant komplizierter und langwieriger, aber es hält sich noch in Grenzen. Immerhin waren die Beamten an der salvatorischen Grenze extrem zuvorkommend, höflich, konnten meist sogar Englisch und haben uns erst noch bevorzugt behandelt. Man merkt – hier kommen nicht viele Touristen hin. Wir fahren ins nächste Dorf – holen uns eine Simkarte und werden dabei wieder extrem höflich, interessiert und bevorzugt behandelt. Die Leute sind überrascht, dass wir den weiten Weg von der Schweiz in ihr Land auf uns nehmen und heissen uns stets herzlich willkommen. Auf dem Markt essen wir Frühstück. Es gibt Pupusas, das Nationalgericht El Salvadors. Es handelt sich dabei um frisch gefüllte Maisteigtaschen – mit ganz viel Käse und weiteren Zutaten nach Wunsch – die frisch gefüllt und dann gegrillt werden. Wir folgen der Ruta de Flores weiter und machen einen Abstecher bei Los Ausoles – eine geothermische Fläche mit sprudelnden Schlamm- und Dampflöchern im Boden. Man muss aufpassen, wo man hintritt. Im schönen Städtchen Ataco gönnen wir uns nach einem Spaziergang ein Fondue in einem Restaurant namens La Raclette mit Gouda und Sangria (da es kein Weisswein hat). Spezielle Kombination und das Fondue ist leider auch geschieden, aber irgendwie trotzdem lecker.

Sprudelndes Schlammloch

Danach besuchen wir die Kaffeeplantage El Carmen und lernen im Rahmen einer Tour vieles über die Kaffeeherstellung. Leider ist die Produktionssaison seit Februar zu Ende – die Früchte sind bereits abgeerntet und der Beginn der Regensaison ist unvorteilhaft für das an der Sonne trocknen lassen der Kaffeebohnen. Deswegen laufen die Maschinen momentan nicht. Interessant war, wie die unterschiedlichen Verarbeitungen zu unterschiedlichen Sorten führen – zum Beispiel werden für unterschiedliche Arten von Kaffee verschieden viele Schichten der Kaffeebohnen vor der Trocknung entfernt. Vieles wird hier manuell gemacht – die wenigen Maschinen sind alle aus dem Jahr 1930. Die Bohnen werden auch nach Grösse, Gewicht und Farbe sortiert – die kleinsten und teils durch Lebewesen durchlöcherte Bohnen werden für Instantkaffee verwendet. Die grossen und schweren werden für Premiumkaffee verwendet und vor Versand nochmals handverlesen. Diesen Schritt haben wir gesehen – die Frauen sitzen am mit Kaffeebohnen belegten Fliessband, nehmen die Bohnen zusammen, picken blitzschnell die schlechten Kaffeebohnen raus und schon bewegt sich das Fliessband weiter. Absolut bewundernswert. Für den monotonen Job erhalten die Frauen pro Tag 10 Dollar, vor ein paar Jahren waren es noch 5. Nicht weniger leid tun uns die Arbeiter, die die bis zu 70 Kg schweren Säcke voller Kaffeebohnen schleppen und für den Export vorbereiten. Nur die Bohnen für den lokalen Gebrauch werden vorher geröstet, die für den Export bestimmten werden von den Käuferfirmen selbst geröstet, da die Röstmethode sehr unterschiedlich je nach lokalem Geschmack gewählt wird. Wir trinken noch was mit Irländern, welche wir auf der Tour kennenlernen und vergessen dabei die Zeit. Prompt gelangen wir so auf dem Weg in die nächste Stadt in die Dunkelheit. Toll. Ausgerechnet in diesen laut Statistiken gefährlichem Land brechen wir die goldene Regel, nicht bei Dunkelheit zu fahren. Im Städtchen Juayua wollen wir ein Food Festival besuchen, welches leider bereits zu Ende ist. Unsere Suche nach einem bewachten Parkplatz läuft ebenfalls schlecht – sieht so aus, als ob wir in unsrer ersten Nacht im Land mit der im Jahr 2021 höchsten Mordrate weltweit freistehen müssen. Wir fragen bei der Polizei an und können dann immerhin in der Strasse direkt vor der Polizeistation übernachten. Wir essen in der Pupuseria nebendran spotbillig Pupusas mit verschiedener Füllung und gehen dann zufrieden über den Verlauf des ersten Tages in diesem bis jetzt für uns wunderbaren Land schlafen.

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Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn

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