Verwöhnprogramm in Mendoza und Abschluss

Verwöhnprogramm in Mendoza

Käsefondue mit den neuen Freunden

Nach unserem vorläufig endgültigen Abschied von Chile (mit dem Hin und Her waren wir diese Reise tatsächlich 9 Mal in Chile) bewegen wir uns wieder vorbei am Aconcagua – dem höchsten Berg ausserhalb des Himalayas – nach Mendoza. Während wir uns beim ersten Besuch ausserhalb des Stadtkerns in der Nähe von Weingütern aufgehalten haben, erkunden wir dieses Mal die Stadt selbst. Nach Mendoza kommen wir nicht nur zurück, weil wir die Region und den Wein lieben, sondern auch weil hier unsere Lieblingsmechaniker, Dario und dessen Sohn Federico leben, welche wir sowohl fachlich als auch menschlich sehr mögen. Sie sind äussert zuverlässig und pünktlich, was eher aussergewöhnlich ist hier und auch extrem günstig. Und sie sind sehr herzlich: Als wir sie beim ersten Mendoza-Besuch kennengelernt haben, haben sie uns ja sofort auf ein Asado – das typische argentinische ungezwungene Barbecue im Freundeskreis – eingeladen.
Die nächsten anderthalb Wochen steht nun viel Arbeit am Land Cruiser an. Wir möchten das Getriebe runternehmen lassen, um ein Geräusch der Kupplung zu untersuchen. Es ist nicht dringend, aber hier zahlen wir dafür 150 Euro, während wir in Deutschland locker das Zehnfache zahlen würden. Weiter müssen wir Stahlfelgen bauen, um für die Verschiffung in den Container zu passen. Jene, die wir für die Darién Gap hatten, haben wir leider aus Platzgründen nicht mitgenommen.
So verbringen wir richtig viel Zeit in Mendoza, wobei Raphi auch oft selber in der Werkstatt mit anpackt. Wir verlieben uns in die Stadt – wahrscheinlich ist es unsere Lieblingsstadt auf der gesamten Reise (mit Ausnahme von LA). Sie ist schön, mit vielen Grünflächen und Parks, üppigen Palmen, unzähligen gemütlichen Café’s und Bars, sauberen und ziemlich sicheren Strassen (man kann an den meisten Orten problemlos bei Nacht rumlaufen) und mit freundlichen Menschen. Die Stadt ist lebendig, es herrscht warmes, trockenes Klima, sie ist günstig für uns als Ausländer und mit Mendoza als weltweitem Hauptproduzent von Malbec gibt es natürlich hervorragenden Wein und gutes Essen. Wenn man mal aus der Stadt raus möchte sind die Anden und auf der anderen Seite Chile nicht weit entfernt und in den Weinanbautälern befinden sich ein malerisches Weingut nach dem andern. Ja, wenn die Wirtschaftslage nicht so katastrophal wäre, wäre dies definitiv eine Destination zum Auswandern.
Neben Werkstatt und Sightseeing werden wir von Dario, Fede, dessen Freundin Marsia und auch deren grösseren Freundeskreis verwöhnt. Fast jeden Tag gibts Asado zum Mittagessen. Abends zeigen sie uns einmal das Beste Choripan der Stadt, nämlich unter der Brücke. Choripan ist ein leckeres typisches argentinisches Sandwich mit einer grossen Chorizo und anderen Füllungen. Ein anderes Mal laden wir sie zum Käsefondue (nach argentinischer Art ;)) ein. Dario begleitet uns in die Stadt um Souvenirs zu besorgen, damit wir nicht übers Ohr gehauen werden oder spielt Chauffeur als der Land Cruiser noch nicht fertig ist. Am Wochenende nehmen sie uns mit in die Berge (ohne Land Cruiser, da der noch in der Werkstatt ist). Auch hier ist wieder der gesamte Freundeskreis mit dabei, viele kennen wir vom ersten Mendoza Besuch und zwei haben uns dazumal sogar kostenlos die Windschutzscheibe repariert. Wir sind aber ganz froh, dass der Land Cruiser nicht dabei ist, so wie die Jungs mit ihren Autos auf den Offroad Pisten umgehen, auch wenn es spassig ist. Natürlich gibts auch dieses Mal wieder ein grosses Asado. Auf dem Heimweg machen wir eine spezielle Erfahrung. Beim Bauernhof halten wir und Dario kauft eine Geiss – er wählt sie lebendig aus und der Bauer schlachtet sie vor unseren Augen während seine Kinder dabei helfen, nimmt sie aus und zieht das Fell ab. Es tut weh das so mitzuerleben, aber schlussendlich ist es auch gut sich mal wieder vor Augen zu führen woher das Fleisch eigentlich kommt. Aus Mangel an einem Behälter verfüttert der Bauer die Reste aus einem Futtersack an seine Hunde und Dario nimmt die Geiss im Hundefuttersack nach Hause. Es gibt sie dann ein paar Tage später an unserem letzten Tag zum Asado.
Ein paar Mal übernachten wir bei Federico und seiner Freundin Marsia. Als Marsia frei hat zeigt sie uns die Stadt und verschafft uns dank ihren Beziehungen Zugang zum Mendoza Stadion. Ein anderes Mal nimmt uns die ganze Clique mit auf einen Aussichtspunkt ausserhalb von Mendoza, wo wir bei Feuer und Pizza die Aussicht auf die Stadtlichter geniessen. Ja, hier haben wir neue Freunde gewonnen, auch wenn uns die Kommunikation auf Spanisch nicht ganz leicht fällt. Es tut uns wirklich leid für sie, dass es der argentinischen Wirtschaft so schlecht geht. Viele haben aufgrund ihrer Vorfahren einen europäischen Pass, eine Reise nach Europa könnten sie sich aber niemals leisten, der argentinische Peso ist viel zu schwach. Alles Verdiente muss sofort investiert werden, da die Inflation so hoch ist. Dies führt dazu, dass viel in Raten bezahlt wird, sogar Einkäufe im Supermarkt! Während wir bei unserer ersten Einreise vor knapp 2 Monaten noch 300 Pesos für einen Schweizer Franken erhalten haben, bekommen wir inzwischen schon 400 Pesos! Gleichzeitig arbeitet der Grossteil der Bevölkerung schwarz, sogar in grösseren etablierten Firmen. Dies führt einerseits dazu, dass ein Grossteil keine Vorsorge leistet und andererseits dass dem Staat viele Steuereinnahmen entgehen, was die Staatsschulden, Gelddruckerei und Inflationproblematiken weiter verschlimmern.

Unser Weinfass

Einmal machen wir zu zweit einen Ausflug ins anliegende Uco-Tal, wo die besonders guten Weingüter zuhause sind und verwöhnen uns mit einem 5-gängigen Tastingmenu mit passender Weinbegleitung. Wie praktisch, dass wir danach einfach vor dem Weingut im Land Cruiser schlafen können.
Dann steht noch ein letztes Projekt bevor: Wir stossen zufällig auf ein Weinfass-Barschrank, welches uns nicht mehr aus dem Kopf geht. Es ist zu gross, um es in den Land Cruiser zu schaffen, kommt also als Souvenir / Andenken nicht in Frage. Auf der gesamten Reise haben wir aus Platzgründen nie Souvenirs gekauft, aber das Weinfass lässt uns nicht mehr los. Und so haben wir eine verrückte Idee. Zusammen mit Dario und Fede überlegen wir uns verschiedene Optionen und finden schliesslich eine Möglichkeit eine Halterung für das Weinfass zu schweissen und anzubringen. So verlängert sich unser Mendoza Aufenthalt noch ein paar Tage während Fede die Halterung baut und das Weinfass nach unseren Vorstellungen fertiggestellt wird. Dann heisst es schweren Herzens Abschied von dieser wunderbaren Stadt und unseren neuen Freunden zu nehmen. Wenigstens haben wir mit dem Weinfass jetzt eine schöne Erinnerung.

Buenos Aires

Obelisk von Buenos Aires

Wir machen uns auf die 10-stündige Fahrt durch das Pampas Gebiet in die Hauptstadt Buenos Aires. Die Stadt gefällt uns auf Anhieb. Stehen und Übernachten können wir kostenlos in den Strassen des reichen und zentralen Hafenquartiers. Durch die Polizeipräsenz ist es hier sicher und Camper werden toleriert. So erkunden wir von dort aus zu Fuss die Stadt. Zuerst schauen wir das Zentrum an mit dem Regierungssitz von Argentinien, der Casa Rosada (heisst rosa Haus) analog zum weissen Haus in den USA. Weiter gehts zum Wahrzeichen der Stadt – dem Obelisk – inmitten der weitesten Strasse der Welt, der 22-spurigen Avenida 9 de Julio. Die Stadt ist wunderschön, mit prächtigen Bauten, baumumsäunten Alleen und Parks, ist dabei sehr sauber, gepflegt und sicher. Schade, dass alles auf Pump finanziert ist und die Regierung immer weiter Geld druckt, um die Ausgaben finanzieren zu können. Wir schlendern durch Flohmärkte, schauen Locals beim Tango tanzen im Park zu und geraten auf dem Weg ins bunte La Boca Quartier in ausgelassene Feierlichkeiten zum Match des lokalen Fussballclubs.
Wir freuten uns darauf noch mehr von dieser spannenden Stadt zu entdecken, aber als wir unserem Verschiffungsagenten vom Plan erzählten, in ein paar Tagen das Auto abzugeben ist dieser total entsetzt. Wir sollten längst in Uruguay sein für den Papierkram! So müssen wir nach nur einem Tag Buenos Aires und Argentinien Hals über Kopf verlassen. Wir hoffen irgendwann zurück zu kommen. Es gibt noch so viel zu erkunden und wir haben uns so sehr in dieses Land und deren Menschen verliebt!

Der Abschluss in Uruguay

Nueva Helvecia

In Uruguay kommt dann erst mal der Preisschock. Das nach Surinam zweitkleinste Land Südamerikas ist mit Chile zusammen zugleich das reichste Land, ist aber noch teurer. Das Preisniveau ist vergleichbar mit der Schweiz. Dafür ist Uruguay sehr stabil, wohlhabend, kaum korrupt und ein Wohlfahrtsstaat mit Zugang zu Gesundheit und Bildung für alle. Die Landschaft ist schön grün, es gibt viel Landwirtschaft und beliebte Strände am Atlantik. Mit dem Verschiffungsstress haben wie keine Zeit das Land zu erkunden. Wir schauen im Städtchen Nueva Helvecia vorbei, das im 19. Jahrhundert von Schweizer Einwandern gegründet wurde und in dem heute noch Denkmale, Strassennamen oder Kantonswappen an den Ursprung erinnern. Nach Abgabe der Verschiffungsdokumente in Montevideo campen wir ein letztes Mal wild am Strand bevor wir uns ins Paraiso Suizo begehen. Das Paraiso Suizo ist ein Campingplatz von vor knapp 30 Jahren ausgewanderten Schweizern. Es ist der Ort, wo viele Overlander, die ihr Auto in Montevideo abholen, das Auto für die Reise einrichten oder jene, die zurückverschiffen das Auto für die Verschiffung parat machen. So auch wir – hier machen wir 2 Tage lang Grossputz und packen alles. Die anderen Gäste sind alle Neuankömmliche, die die Reise noch vor sich haben. Wie schön sies doch haben! Auf eine andere Art sind wir auch froh, dass wir die Reise machen konnten, als noch nicht so viele Overlander unterwegs waren. Nach Covid bis ca. Mitte Südamerika sind wir nur auf wenige getroffen, nun in Chile und Argentinien treffen wir auf extrem viele. Es ist schön andere Overlander zu treffen, aber es war schon spezieller und führte zu intensiveren, weniger oberflächlichen Begegnungen, als es noch etwas Besonderes war auf einen anderen Overlander zu treffen als nun, wo gefühlt jedes 5te Fahrzeug ein europäischer Langzeitreisender ist. Traurig ist zu hören, wie bei allen Neuankömmlingen, welche Roll on – Roll off verschiffen die Fahrzeuge ausgeräumt werden. Von Outdoorkleidung bis zu Induktionsherden kommt alles weg. Viele im Paraiso Suizo sind nun mit der mühsamen und kostspieligen Wiederbeschaffung beschäftigt. Schweren Herzens verbringen wir die letzte Nacht im Land Cruiser und fahren dann nach Montevideo, um mit dem Agenten das Auto in den Hafen zu fahren. Das Auto wird einen Monat im Hafen stehen bevor unsere Freunde und Container Buddies Henrike und Mark, das Auto auf den in Mendoza gebauten Stahlrädern in den Container fahren werden. Wir hoffen, dass in der Zeit im Hafen dem Auto und dem Weinfass nichts passieren wird. So verabschieden wir uns wehmütig von unserem Land Cruiser, der uns so treu und zuverlässig 102’000 Kilometer durch die Amerikas gefahren hat und unzählige unvergessliche Erlebnisse beschert hat.
Die restlichen 3 Tage verbringen wir in Montevideo. Die Stadt kann uns nicht begeistern, woran aber unsere traurige, ein wenig demotivierte Grundstimmung sicher nicht unschuldig ist. Unser Hostel ist ausserhalb des Stadtkerns und so laufen wir viel und weit, um in das Zentrum zu gelangen. Wir sehen viel Graffiti und Schmierereien, teils merkwürdige Gestalten und viele Stadtviertel sind eher trostlos. Besondere Sehenswürdigkeiten treffen wir nicht an. Zum für alles plötzlich vierfach soviel zu zahlen wie ein paar Tage davor in Argentinien können wir uns nicht überwinden und so verbringen wir die Abende Brot essend im Hostelzimmer statt nochmals schön im Ausgang den Abschluss zu feiern. Ein richtig deprimierender Abschied, aber irgendwie muss es ja so sein, wenn die Reise selbst so unglaublich bombastisch war. Und so treten wir am Montag den 06. Februar die Busreise zum Flughafen an um uns nach anderthalb Jahren von den Amerikas zu verabschieden und nach Europa und in die Schweiz zurückzufliegen.

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Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn

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