Vom grossen Wiedersehen, Pinguinen und Nachtwanderungen

Nachdem wir uns von der Carretera Austral und Henrike und Mark verabschiedet haben, reisen wir zurück nach Argentinien. Nun heisst es erstmal 1500 Kilometer fahren, im günstigeren Argentinien Besorgungen zu machen, Gas aufzufüllen und dann wieder die Grenze nach Chile zu queren, um uns mit Anouks Eltern zu treffen. Verrückt wie die Menschen hier in Argentinien wieder so gastfreundlich und enthusiastisch sind. An den nur drei Stunden in einer Kleinstadt werden wir ca. 4 mal angesprochen und einmal für ein Interview angefragt. Dann geht es wieder nach Chile und nach 2 Tagen kommen wir endlich am Ziel, in Punta Arenas am Meer (Magellanstrasse) an.

Punta Arenas und Monumento Natural Los Pingüinos

Wie schön das Wiedersehen mit Anouks Eltern nach fast anderthalb Jahren! Zusätzlicher Bonus sind all die Dinge, die sie uns mitbringen: Camper- und Auto Ersatzteile, Outdoor Ausrüstung oder auch Fertigfondue – alles Dinge die teils unmöglich sind hier zu bekommen. So geniessen wir die nächsten 2 Tage das Wiedersehen und das lokale kulinarische Angebot von Punta Arenas inklusive antarktischer Königskrabben, patagonischem Lamm und Guanaco Gulasch. Guanacos gehören der gleichen Familie an wie die Lamas, sind im Gegensatz zu ihnen aber wild statt domestiziert und sehen ähnlich aus wie die Vicuñas. Im Gegensatz zu Lamas, Alpacas und co. sind sie auch noch hier ganz im Süden Patagoniens zu finden. Mit dem Boot machen wir ein Ausflug auf die Inseln Marta und Magdalena. Auf der Isla Marta wohnt eine Kolonie von ca. 1500 Seelöwen. Besonders hervorstechen tun die Männchen: Diese sind riesig und dick, wiegen ca. 360 Kilogramm und damit doppelt so viel wie die Weibchen. Ein Männchen ist jeweils von seinem „Harem“ von ca. 15 Weibchen umgeben.
Weiter gehts auf die Isla Magdalena – hier ist saisonal der Magellan-Pinguin zuhause. Jeweils von Oktober bis März kommt er von Uruguay auf diese Insel oder zu ähnlichen Orten in Patagonien, um sich zu paaren und zu gebären. Das Männchen kommt zuerst, baut ein Nest oder kehrt bevorzugt zum selben Nest vom Vorjahr zurück. Später kommt das Weibchen nach. Die Pinguine leben monogam und so kehrt das Weibchen immer zum selben Männchen zurück, welches sie an dessen Schrei erkennt. Im Oktober schlüpfen dann die Eier und die Eltern ziehen die Jungen abwechselnd auf, während das jeweils andere Elternteil jagen geht und Essen holt.
Es gibt einen Fussweg über die Insel an welchen wir uns halten müssen, um die Pinguine nicht zu stören. Wenn sich Pinguine dem Fussweg nähern, müssen wir anhalten, damit die Pinguine ungestört den Fussweg queren können. Es ist super süss die Pinguine in ihrem natürlichen Umfeld zu beobachten. Anfangs Dezember ist es für die Jungen noch zu früh, das Nest zu verlassen, da ihr wasserfestes Federnkleid erst noch wachsen muss, aber teils sehen wir die Kleinen in ihren Höhlen und wie die Eltern sie füttern und beschützen.

Torres del Paine Nationalpark

Nach Punta Arenas holen wir den Miet-Campervan für Anouks Eltern ab und dann geht der Roadtrip zu Viert los. Es gibt ein paar Startschwierigkeiten (z.B. ist das Licht kapputt) aber ans Übernachten im Campervan gewöhnen sich Anouks Eltern schnell. Wir finden ein schönes Plätzchen an einem Fluss und Wasserfall zum Wildcampen und grillen auf dem Feuer das Abendessen. So richtiges Campingleben halt, was in unserem Zeitdruck manchmal zu kurz kommt, wenn wir zu zweit unterwegs sind.
Der nächste Halt ist vielleicht Chile’s berühmteste Destination: der Torres del Paine Nationalpark. Der Nationalpark ist vor allem berühmt für die drei Torres – ein Bergmassiv aus drei Granittürmen. Er beherbergt aber auch weitere schöne Berge, knallblaue Seen und Gletscher, Wasserfälle, piktoreske Täler und vieles mehr. Am ersten Tag machen wir eine kleine Wanderung zum Wasserfall Salto Grande und zum Aussichtspunkt zu den Los Cuernos. Los Cuernos, auf Deutsch „die Hörner“ ist eine ebenfalls sehr auffällige Bergformation mit markanten Gipfeln. Die Farbe der Seen und Wasserfälle begeistert uns jedes Mal und ein paar wilde Guanacos bekommen wir auch zu Gesicht.

Torres del Paine beim Sonnenaufgang

Dann lassen wir uns beim Welcome Center für die Nacht nieder, um für Sonnenaufgang direkt zum Mirador Base de las Torres wandern zu können – dem Aussichtspunkt, wo man endlich die berühmten Torres del Paine-Türme von Nahem sehen kann. So wandern wir also um 2.30 Uhr in der Nacht mit Stirnlampe und in warmen Klamotten los und quälen uns zu viert 11 Kilometer und 800 Höhenmeter hoch zum Mirador Base de las Torres. Die Tatsache, dass wir uns beeilen müssen, um pünktlich für den Sonnenaufgang da zu sein und die Sonne schon früh anfängt zu drücken macht die Wanderung um so anstrengender. Aber wir schaffen es. Die ganze Wanderung über sehen wir nicht, was uns erwartet, da die Torres die ganze Zeit von einem Bergstück bedeckt sind. So war das Gefühl umso überwältigender als wir genau gleichzeitig das letzte Stück Berg bewältigen und die majestätischen Torres vor uns in die Höhe ragen, wie die Sonne die ersten Strahlen auf die Torres wirft. Dann kommt noch der milchig hellblaue See vor den Torres zum Vorschein – umwerfend. Beim Frühstück bewundern wir wie die Sonne nach und nach mehr der Torres beleuchtet und sich diese Darbietung im See davor spiegelt. Hat es sich doch gelohnt so früh aufzustehen! Als wir die Kälte nicht mehr aushalten, machen wir uns auf den Runterweg. Ganz unten angekommen werden die Scharen aus den Touristenbussen immer grösser – wir sind dankbar, dass wir die Torres relativ einsam bei magischer Morgenstimmung erlebt haben, statt überfüllt am helllichten Tag.

Nach einer Pause fahren wir weiter zum Grey Lake und Gletscher, wo wir einen Spaziergang zu einem Aussichtspunkt auf den Gletscher machen. Beim Spaziergang am Strand entlang sehen wir von weitem den Gletscher, Eisberge und begegnen abgebrochenen Gletscherstücken – sehr eindrücklich. Der Gletscher ist im Durchschnitt 30m hoch und insgesamt ganze 28 KM lang. Er ist ein Ausläufer des patagonischen Inlandeises, dem grössten Eisfeldes auf der Südhalbkugel ausserhalb der Antarktis. Beeindruckend ist die Farbe des Gletschers – leuchtend blau, obwohl Eis natürlich durchsichtig ist. Dies liegt daran, dass das sehr dichte Eis rot absorbiert während blau refklektiert wird.
Damit verabschieden wir uns vom Torres del Paine Park und vorübergehend von Chile. Als Nächstes fahren wir rüber nach Argentinien, wir wollen ja das WM-Halbfinalspiel von Argentinien miterleben!

Magellan-Pinguine und Seelöwen im Monumento Natural Los Pingüinos

Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn
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