Von Gletscher zu Gletscher im Land der Weltmeister

Nachdem wir eine knappe Woche mit Anouks Eltern Chile erkundet haben wechseln wir nach Argentinien. Der Grenzübergang geht dieses Mal schnell und effizient – nur 20 Minuten haben wir zuvor noch nie gebraucht. Wir basieren uns im Städtchen El Calafate, wo wir nach ein paar Tagen wildcampen wieder mal ein Campingplatz aufsuchen.

El Calafate und der Perito Moreno Gletscher

Perito Moreno Gletscher

El Calafate ist eine Kleinstadt, die nach der gleichnamigen patagonischen Heidelbeere Calafate benannt wurde und hauptsächlich vom Tourismus lebt. Grösste Herausforderung in dieser touristischen Gegend ist es an Geld zu kommen. Im Umkreis von ca. 300 Kilometern befinden sich hier die einzigen 2 Western Union Standorte. Bei Western Union bekommt man den besten Pesos- Kurs (doppelt so viele Pesos, wie zum offiziellen Kurs beispielsweise am Bankomaten). Leider haben die Western Union Standorte hier im Süden oft nicht genug Geld, ineffiziente Prozesse und sehr lange Schlangen. Dann geben sie nur einen kleinen Betrag pro Person pro Tag, was dazu führt, dass wir an drei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils mehrere Stunden damit verbringen Pesos zu organisieren.
Von El Calafate aus besuchen wir den Perito Moreno Gletscher. Wie schon der Grey Gletscher ist auch der Perito Moreno ein Ausläufer des patagonischen südlichen Inlandeises, dem mit Ausnahme der Antarktis grössten Eisfeld der Südhalbkugel. Das Inlandeis ist fast ein Drittel so gross wie die Schweiz und beinhaltet neben dem Perito Moreno und Grey Gletschern noch 47 andere Auslaufgletscher. Der Perito Moreno Gletscher ist 250 Quadratkilometer gross und damit grösser als Buenos Aires. Bei unserem Ende ragt er bis 70 Meter über dem Gletschersee Lago Argentino hinaus! Es ist super eindrücklich so nah an dieser hohen Gletscherwand zu stehen, das Eis knacksen und manchmal krachen zu hören, wenn mal wieder ein Stück Gletscher abbricht und wie in Zeitlupe ins Wasser fällt. Trotz des ständigen Abbrechens ist der Perito Moreno Gletscher einer der einzigen drei Gletscher der Welt, welche noch wachsen und zwar 2 Meter am Tag im Durchschnitt. Nach einem Spaziergang, bei welchem wir den Gletscher und abgebrochene Eisberge von verschiedenen Seiten beobachten kehren wir nach El Calafate zurück.
Im Restaurant schauen wir das WM-Halbfinalspiel zwischen Argentinien und Kroatien. Nach dem Sieg Argentiniens ist die Stimmung bombastisch, selbst in dieser Kleinstadt wird ausgelassen gefeiert, gesungen, getanzt, mit Autoparaden gefestet, es ist unglaublich.

Filet auf dem Grill

Nach El Calafate fahren wir an den Lago Roca in der Nähe des Perito Moreno Gletschers. Dort verbringen wir einen weiteren schönen Campingabend und essen hervorragendes (und günstiges) von Raphi grilliertes argentinisches Rindsfilet. Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung von 1000 Höhemetern auf den Cerro Cristal, wo wir nochmals eine schöne Rundumaussicht geniessen unter anderem auch auf den Perito Moreno Gletscher und Seen.

El Chaltén, der Fitz Roy und Cerro Torre

Fitz Roy und Piedras Blancas Gletscher

Weiter fahren wir Richtung Norden. Ziel ist El Chaltén – die Gletscher- und Trekkinghauptstadt Argentiniens. Wobei es sich mit ca. 3000 Einwohnern hauptsächlich um ein Dorf handelt, welches praktisch ausschliesslich dem Tourismus dient. Das Dorf steht vor atemberaubender Kulisse – dem berühmten Berg Mount Fitz Roy – Motiv des Logos der Kleidermarke Patagonia – und weiteren markanten Bergen und Gletschern. Leider bleiben Wolken öfters hartnäckig am markanten Spitz hängen. Als Einstieg machen wir einen Ausflug zum Lago del Desierto und eine kleine Wanderung zum Huemul Gletscher. Einmal mehr sind wir beeindruckt vom knallblauen Wasser des Gletschersees und den schönen Frühlingsblumen. Am nächsten Tag versuchen wir uns an einer weiteren Sonnenaufgangswanderung. Auch dieses Mal übernachten wir beim Beginn des Wanderwegs und brechen um 2.30 Uhr im Dunkeln auf. Diesmal haben wir aber Pech. Wir benutzen unwissend einen alten, nicht mehr unterhaltenen Weg, kommen in den Regen und peitschenden Wind, verlaufen uns mehrmals, müssen über rutschige Felsen klettern, wobei es zu brenzligen Situationen kommt. Durch diese Hindernisse verlieren wir einiges an Zeit, sind bei Sonnenaufgang noch auf dem Weg und kommen erst eine Stunde zu spät am Fitz Roy an. Dies ist aber nicht der einzige Grund wieso uns das schöne Schauspiel vom im Morgenrot beleuchteten Fitz Roy verwehrt bleibt. Wie so oft haben sich Wolken um den Fitz Roy gelegt, womit der majestätische Anblick des Fitz Roys verborgen bleibt als wir endlich bei dessen anliegender Lagune – der Lagune de los Tres – ankommen. Aber man kann nicht immer Glück haben. Extrem ist der Wind da oben, beim Abstieg müssen sich manche zwischenzeitlich auf den Boden legen, um nicht weggewindet zu werden. Auf dem Runterweg nehmen wir einen anderen und dieses Mal offiziellen Weg und werden mit schöner Aussicht auf Wälder, Seen und Berge belohnt und auch auf den Gletscher Piedras Blancas inklusive Regenbogen. Wir bleiben noch weitere Tage in El Chaltén: Am Sonntag machen wir uns schon morgens auf in ein Pub – ab 12 Uhr findet das WM Final statt, ein Platz sollte man sich aber schon anderthalb Stunden vorher besorgen. Die Stimmung ist schon vor Spielbeginn ausgelassen – Hymnen werden gesungen und auf der Theke getanzt. Das Spiel Argentinien gegen Frankreich ist ein wahrer Krimi, geht in die Verlängerung und schliesslich ins Penality-Schiessen. Wir hoffen, fiebern und leiden mit den Argentiniern mit, die Stimmung ist äusserst angespannt. Im Penality-Schiessen entscheidet Argentinien das Spiel für sich und dann gibt es kein Halten mehr. Argentinien ist Weltmeister und alle feiern, in den Bars, in den Strassen, auf dem Hauptplatz und in Autokolonnen. Mitfeiern und sich mitfreuen zu können ist wirklich ein schönes Erlebnis, wenn wir uns auch nur in einem 3000-Einwohner Touristendorf befinden und die Feierlichkeiten in grösseren Orten noch viel verrückter wären!

Cerro Torre

Am nächsten Tag nutzen wir das weiterhin wolkenfreie Wetter um zur Lagune Torre und dem Cerro Torre zu wandern. Der Cerro Torre ist der höchste Bergturm einer prägnanten, spitzigen 4-Bergkette. Am Rande des patagonischen Inlandeises platziert, bei welchem oft extrem stürmische Gegebenheiten herrschen, sind schönes Wetter und klare Sicht selten, so müssen wir die sonnigen Konditionen ausnutzen. In der Lagune befinden sich kleine Eisberge und als wir noch ein wenig weiterlaufen zum Aussichtspunkt Mirador Maestri sehen wir auch wieso. Einmal mehr sitzt am Hang ein riesiger imposanter Gletscher von welchem immer wieder Eis in den See abbricht. Nach dieser schönen Wanderung ist es Zeit El Chaltén zu verlassen und wir fahren wieder in den Süden.

Feierlichkeiten in El Calafate nach dem WM-Halbfinalsieg

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Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn

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