Von Regenbogen-Bergen in ein neues Kapitel: Brasilien

Nach Cusco sind wie ein zweites Mal, dieses Mal ohne Tour, ins Heilige Tal der Inkas. Das fruchtbare Tal erstreckt sich über 100 Kilometer und beheimatet unzählige Inka-Ruinen inkl. Machu Picchu.

Ollantaytambo

Zuerst stoppen wir in Ollantaytambo, einer Ortschaft mit gleichnamigen Inka-Ruinen am Ende des heiligen Tals. Die Stätte wurde im 15. Jahrhundert erbaut, um die lokalen Völker unter Kontrolle der Inkas zu bringen. Nach der Eroberung der Spanier von Cusco war Ollantaytambo kurz Zufluchtsort des Inkaherrschers Manco Inca bis die Spanier auch da ankamen. Zuerst konnte Manco Inca sie noch vertreiben, in dem er mithilfe der gebauten Kanäle das Tal flutete. Beim zweiten Versuch mit weit grösserer Armee funktionierte die Eroberung der Spanier und der Manco Inka floh nach Vilcabamba, dem letzten Zufluchtsort. Die Hauptruinen bestehen aus einer Festung mit einem Tempel am Hügel, Terrassen und einer Quelle mit Kanalsystem und vielen ausgeklügelten Brunnen, welche die Stätte mit Wasser versorgen (und dies immer noch tun).
Eindrücklich ist einmal mehr die präzise Steinhauerei – insbesondere bei 6 riesigen, über 50 Tonnen schweren Monolithen der Wand eines Sonnentempels. Einmal mehr ist der Transport dieser Steine ein Rätsel. Danach schlendern wir noch durch die Strassen von Ollantaytambo selbst. Die gepflasterten Strassen- jeweils mit einem Wasserkanal am Rand – und die Häuser sind teils noch im Originalzustand und gehören damit zu den am längsten kontinuierlich bewohnten Bauten Südamerikas. Am Berg gegenüber der Hauptruinen befindet sich die steile Stätte Pinkuylluna, von welcher wir eine schöne Aussicht geniessen. Pinkuylluna war ein Lagerungsort für die geernteten Agrarprodukte. Durch die Höhe war das Essen schwieriger durch Feinde zu erreichen und durch mehr Wind und kältere Temperaturen waren die Lagerbedingungen besser.

Salzminen von Maras, Meerschweinchen und Pisac

Als nächstes besuchen wir die Salineras de Maras – die Salzminen von Maras. Es handelt sich dabei um über 3000 Salzwasserpools in Terrassen – die grösste pre-hispanische Salzminentätigkeit – wobei nicht klar ist, wann sie gebaut wurden. Es wurden Keramiküberreste von einer Periode, die bis zu 200 v.Chr. zurückgeht, gefunden. Die Pools wurden um einen Salzwasserbach gebaut, einem Überbleibsel des Ozeans, der vor Entstehung der Anden noch an dieser Stelle lag. Der Bach wurde umgeleitet in die vielen Pools, die mit Schlamm und Steinen gebaut wurden. Heute wird vom ortsansässigen Stamm immer noch nach derselben Methode, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde, Salz abgebaut: das Salzwasser wird in ein Pool geleitet, bis es fast voll ist, dann verdampft das Wasser in etwa 3 Tagen. Dieser Prozess wird im Monat ein paar Mal wiederholt und am Ende bleiben ca. 200 Kilogramm Salz übrig. Wir fahren weiter und es gibt Mittagessen, und zwar etwas was uns seit Ecuador verfolgt: Cuy – auf deutsch Meerschweinchen. Meerscheinchen werden in den ganzen Anden gegessen – teils am Strassenrand am Drehspiess gegrillt, teils frittiert. Tatsächlich kommen sie von Südamerika, wurden hier schon immer gegessen und wurden erst von den Spaniern zurück nach Europa gebracht, wo sie später als Haustiere gehalten wurden. Dasselbe gilt übrigens für Kartoffeln. Kartoffeln kommen aus Peru und die Inkas sind wohl die ersten, welche die Kartoffeln in grossem Umfang kultiviert haben. Nachdem sich die Kartoffel in Südamerika als Nahrungsmittel etabliert hat wurde sie von den Spaniern nach Europa gebracht, wo sie zuerst auf Aberglaube stiess, aber bald schon in die Küche integriert wurde.
Wir bestellen nur ein halbes Meerschweinchen, längs geteilt, und sind froh drüber. Mit den vielen Knochen ist es sehr umständlich zu essen – definitiv nichts, was wir wiederholen müssen. Da sind uns Kartoffeln lieber. Unser letzter Besuch im Heiligen Tal statten wir Pisac ab. Pisac ist ebenfalls eine ehemalige Inka-Stätte und wurde wohl als Zeremonie- und Militärzentrum gebraucht und diente mit den vielen Terrassen auch der Landwirtschaft. Zurück in Cusco legen wir auf dem Campingplatz noch einen Wäsche- und Grossputztag ein. Abends geniessen wir mal wieder die Gesellschaft von anderen Reisenden, unter anderem auch von Holländern, die wir bereits in Panama City getroffen haben. Da unser Ruinen-Kombinationsticket auch eine Theateraufführung beinhaltet, schauen wir uns im Theater noch eine Show von Volkstänzen verschiedener Provinzen von Cusco an bevor es für uns weiter geht.

Vinicunca – der Rainbow Mountain

Es geht nun nochmals richtig weit hoch – zu Vinicunca bzw. dem sogenannten Rainbow Mountain auf 5200 Metern. Der Berg ist berühmt für seine 7 Farben, die dank verschiedener Mineralien-Zusammensetzungen entstehen (rot: Tonstein/Eisen, gelb: kalkhaltiger Schwefel, grün: Phyllitschiefer/Eisenmagnesium etc.). Der Grund der Entdeckung hinter dem Regenbogen-Mountain ist relativ tragisch – er kam erst um 2015 richtig gut zum Vorschein, da mit Klimaerwärmung Eis und Schnee auf dem Berg weggeschmolzen sind. Instagram und ein paar schlaue Marketeers haben dann schnell dazu beigetragen, dass der Berg die wohl zweitgrösste Attraktion nach Machu Picchu um Cusco geworden ist. Täglich kommen Tausende Touristen, die den Berg besuchen. Merkwürdigerweise finden aber alle Touren am Morgen statt. Als wir am Nachmittag hoch fahren ist die Fahrt auf der einspurigen Strasse zwar mühsam, da wir ca. 50-100 runterfahrende Touristenbusse passieren müssen, aber oben angekommen haben wir den Berg komplett für uns alleine. Vom Parkplatz auf ca. 4700 Meter müssen wir noch 3km zum eigentlichen Rainbow Mountain laufen, was auf der Höhe doch recht anstrengend ist. Aber wir werden belohnt, er ist tatsächlich spektakulär! Auf dem Rückweg machen wir einen Umweg über das wunderschöne Red Valley, ein Tal in tiefroten Farben. Leider ist es auch bereits ein wenig zu spät für schöne Fotos, es wird dunkel und der Runterweg ist abenteuerlich. Sehr steil und mit Schnee, der langsam anfängt zu gefrieren ist es ganz schön heikel, aber wir schaffen es heil zurück.

Noch nicht genug von den farbigen Bergen Perus fahren wir am nächsten Tag nach Pallay Punchu. Die rotgrüne, markante Bergformation ist noch nicht touristisch erschlossen, so sind wir weit und breit die einzigen. Es ist eine wunderschöne Landschaft – das typische gelb durch die Andengräser, die blaue Lagune Langui, die rot-grünen Berge und das ganze noch teilweise beschneit. Wir klettern hoch zu den Kliffs und geniessen die Aussicht, bevor wir wieder nach unten müssen, weil eine Sturmfront auf uns zu kommt. Wir kommen noch in einen kleinen Schneesturm – ein schöner kühler, vorübergehender Abschied der Anden.

Abschied von Peru und der Anfang in Brasilien

Denn nun geht es weiter, in die lange Fahrt in den Amazonas – zuerst 1.5 Tage lang in Peru. Der grösste Regenwald der Welt, der Amazonas, liegt nur zu 60% in Brasilien, der Rest liegt in Peru, Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Venezuela, Guyana und Suriname. Der Amazonas Fluss entspringt übrigens ebenfalls in Peru – in den Anden. Wir sind schockiert wie viel im peruanischen Amazonasgebiet gerodet wurde und wieviel Mienentätigkeiten wir hier stattdessen sehen. Tatsächlich sind Goldminen, sowohl legale als auch illegale ein grosses Problem im peruanischen Amazon, sie sorgen für Abholzung des Regenwalds und für eine Verschmutzung durch Quecksilber.
Man könnte das ja rechtfertigen, wenn es der lokalen Bevölkerung zugute kommen würde, aber man hat nicht das Gefühl, dass vom Goldprofit gross etwas bei der lokalen Bevölkerung ankommt. Schade. In Puerto Maldonado, der Ausgangsstadt für den peruanischen Amazonas machen wir noch letzte Besorgungen bevor wir am Samstagmorgen die Grenze überqueren.
Der Abschied von Peru fällt schwer. Wie erwartet ist Peru ein grandioses Land mit sich übertreffenden Highlights. Überrascht hat uns, dass es so viele „off-the-beaten-Track“ Highlights gab, die den Klassikern in nichts nachstehen. Wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, hätte es noch viel mehr zum entdecken und auch einige weitere Mehrtageswanderungen gegeben, die uns gereizt hätten. Schön ist wie die indigene Kultur auf dem Land und in den Anden noch stark gelebt wird und spannend ist die Vielzahl an Relikten früherer Kulturen, wie der Nazca oder der Inka. Die Landschaft ist vielfältig- Meer, Wüste, Schneebergen, Hochebenen, aktiven Vulkanen oder Dschungel gibt es alles. Die peruanische Küche ist hervorragend, und eine erfrischende Abwechslung zur zentralamerikanischen und nord-südamerikanischen Küche. Das kühle Andenklima werden wir vermissen, der Land Cruiser wird aber froh sein auf geringeren Höhen wieder mal ordentlich Luft zu bekommen. Im peruanischen Amazonasgebiet bekommen wir schon einen Vorgeschmack was uns erwartet. Kaum öffnen wir die Autotüre, sehen wir wie sich überall alles bewegt – unidentifizierbare Insekten, Riesenheuschrecken, oder Riesenameisen. Während uns am Tag zuvor noch seichte Schneeflocken entgegen flogen sind es jetzt Rieseninsekten, die uns auf die Windschutzscheibe platzen. Ja, die Pause zwischen Dschungelgebiet Zentralamerikas und dem Amazonas war ein wenig kurz, aber wir freuen uns auf alles andere was der Amazonas zu bieten hat.
Es ist wieder mal eine sehr abgelegene und dementsprechend gelassene Grenze an einem Dreiländereck – Peru, Bolivien, Brasilien. In 5 Minuten haben wir den Peru Teil durch. Dann geht es für uns ins 5. grösste Land der Welt (nach Fläche und Bevölkerung) und in ein ganz neues Kapitel: Brasilien. Ein wenig verunsichert sind wir durch die vielen Warnungen, wobei diese ja nie von anderen Reisenden kommen oder von Leuten, die im entsprechenden Gebiet wohnen – im Gegenteil. Die wenigen Reisenden, die wir gefunden haben, die eine ähnliche Route in Brasilien gemacht haben, haben uns alle ermutigt diesen Abstecher durchzuziehen. Weiteres Hindernis neben der Angst ist die Sprachbarriere. Wir sprechen neben Bom Dia und Obrigado kein Wort portugiesisch. Aber der Eindruck in den ersten 2 Tagen, obwohl wir hauptsächlich fahren, ist wunderbar und unsicher fühlen wir uns nie – im Gegenteil. Mit Portugiesisch kommen wir aber tatsächlich nicht klar. Wir hatten zwar nie Probleme in Portugal und es heisst ja Portugiesisch sei ähnlich wie Spanisch, aber zumindest hier hört es sich für uns an wie eine komplett andere, eher vielleicht osteuropäische Sprache. Nur wenn die Leute ganz langsam und simpel reden, können wir manche Begriffe über Spanisch entziffern. Die Menschen, auf die wir treffen, können oder wollen nicht Spanisch oder Englisch reden. Google Translate ist ebenfalls deutlich schlechter als im Spanischen und übersetzt teilweise nur Mist. Es wird uns schnell bewusst, dass wir uns auf einer zukünftigen Reise mehr Zeit für Brasilien nehmen wollen und wir nehmen uns vor für diese Reise Portugiesisch zu lernen. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass wir keine Simkarte kaufen können, ohne eine lokale Identifikationsnummer zu haben. Ohne Internet ist das Zurechtfinden zusammen mit der Sprachbarriere noch schwieriger. Da die Offline-Übersetzungen von Google Translate bei Gerichten nichts taugen, bestellen wir so im Restaurant wie teilweise in Asien einfach irgendetwas und lassen uns vollständig überraschen.
Die Leute sind extrem herzlich. So oft enthusiastisch begrüsst, zugewinkt oder durch Passanten auf Instagram angeschrieben wurden wir noch nie in so kurzer Zeit. Ein anderer Reisender hat es sehr treffend formuliert: „Brazil puts them all in the shade when it comes to enthusiastic welcomes. Even when we can’t understand a word they say, Brazilians say it with a big smile and a thumbs-up!“ Es macht uns ganz wehmütig, dass wir so wenig Zeit für Brasilien haben.
Ansonsten kommt uns Brasilien auf den ersten Blick deutlich entwickelter und wohlständiger als Peru vor, wobei auch die Preise teurer sind. Gemessen am im Gegensatz zum spanisch sprechenden Lateinamerika hohen Anteil an „normalen Autos“ (normal=weder am auseinanderfallen noch total luxuriös), ist der Mittelstand hier grösser. Die Leute fahren zivilisierter, aber die Strassen mit unzähligen Schlaglöchern sind eine Katastrophe und deutlich schlechter als in Peru. Autobahn zu fahren ist hier fast wie in einem Videogame – man muss ständig Hindernissen – hier metergrossem Schlaglöchern und anderen Autos, die ebenfalls Schlaglöcher umfahren, ausweichen. Andere ausländische Touristen sehen wir gar keine in diesen Gebieten Brasiliens (mit Ausnahme von 1-2 in Manaus). Übernachten tun wir hier oft bei Tankstellen, das ist hier ganz normal. Da gibt es Toiletten, Dusche, wenn man Glück hat Wifi, es ist relativ sicher, und das alles kostenlos.
Politik ist hier ebenfalls sehr präsent, wobei bald Wahlen anstehen. Anstatt wie in Peru an den Häusern, befindet sich die Werbung hier an den Autos. So lächeln uns von überall Bolsonaros oder Alternativen entgegen, am Strassenrand schwingen die Menschen entsprechende Fahnen oder singen den Wahlsong vom entsprechenden Kandidaten mit seiner Kandidatennummer schön in den Songtext integriert. Am zweiten Tag fahren wir auch direkt an einen Roadblock. Obwohl sie in Lateinamerika häufig vorkommen und andere Reisende auch schon wochenlang aufgehalten haben, wurden wir bis jetzt verschont. Ausgerechnet jetzt, wo wir so viele Stunden Fahrt vor uns haben, müssen wir doch noch leiden. Mehrere Stunden warten wir, bis die Polizei es schafft die Demonstranten dazu bringen, die Autos durchzulassen. Ja wir sind gespannt, was uns Brasilien noch bringt. Jetzt erwartet uns wohl zuerst mal den Grund wieso wir die Seilwinde gekauft haben: Die berüchtigte Strasse BR-319.

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Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn

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