Eine sportliche Woche in Chile

Wir treffen uns am Vulkan Lonquimay in der chilenischen Vulkan- und Seenregion wieder mit Henrike und Mark. Leider können wir die unbefestigte Strasse nicht weiter ins Hinterland folgen, da noch bis weit unten Schnee liegt. So parken und übernachten wir direkt an der Schneegrenze beim Lonquimay. Der Lonquimay ist das letzte Mal 1988 ausgebrochen, allerdings nicht oben, sondern seitlich. Damit ist seitlich ein zweiter Krater entstanden, der Weihnachtskrater heisst, da er an Weihnachten ausgebrochen ist.

Die Besteigung des Lonquimays

Als erstes steht die Besteigung des Lonquimays an. Wir haben uns Steigeisen ausgeliehen und machen uns früh morgens mit Eispickel und Helm auf den Weg. Über 1000 Höhemeter liegen vor uns, davon alles im Schnee in Steigeisen. Eine Herausforderung für uns, tragen wir Steigeisen doch erst das zweite Mal im Leben – das erste Mal war ca. anderthalb Stunden lang bei der Erklimmung des 6000er in Bolivien. Von unserem Stellplatz sieht der Vulkan nicht besonders hoch aus, aber der Anschein täuscht – es ist verdammt anstrengend. Im zweiten Teil müssen wir auf den Grat hochsteigen – nun wirds richtig schlimm, denn es ist sehr steil. Auf dem Grat, im Schnee, bei dieser Steillage und dem manchmal aufkommenden Wind wird es für Anouk richtig furchterregend, da alle diese Faktoren zu ihrer Höhenangst beitragen. Nach ein paar Panikattacken, testweisen Abstiegen und viel mentaler Kraft schafft es auch sie weiter. Irgendwann kommen wir auf dem Gipfel an und geniessen die herrliche Rundumaussicht auf den Krater und die Vulkanregion Chiles mit den vielen pyramidenförmigen Stratovulkanen. Beim Abstieg ist der Schnee schon sehr sulzig, was aber gar nicht so schlecht ist, da damit die Ausrutschgefahr sinkt. Während die anderen Beiden das letzte Stück runter Ski fahren, rutschen wir auf den neugekauften Regenhosen den Schnee runter. Natürlich schlitzt sich Anouk dabei prompt die neue Regenhose mit den Steigeisen auf, aber der Spass ist es wert. Abends belohnen wir uns mit einem Barbecue.

Eine Mountain Bike Tour

Auf dem Gipfel mit Blick auf die umgebende Landschaft kam uns die Idee eine Mountain Bike Tour zu machen. So organisieren wir für den nächsten Tag Mountain Bikes und brechen in ein neues Abenteur auf. Es ist nicht ganz so einfach, da wir immer wieder absteigen müssen und das schwere Rad über teils steile Schneefelder schieben und dabei aufpassen müssen, nicht auszurutschen. Bei den schneefreien Stellen fahren wir auf Vulkangestein, das an manchen Stellen voller grosser Vulkanbrocken ist, was das fahren erschwert und für den einen oder anderen Sturz sorgt. Aber es ist ein Erlebnis und für Anouk die erste Mountain Bike Tour auf schwierigem Gelände. Wir fahren in ein Tal bis zu einer schönen Lagune gefüllt mit Baumstämmen, die wohl durch einen Vulkanausbruch verbrannt wurden. Die Männer gönnen sich eine sehr extreme Erfrischung in dem eiskalten Wasser. So weit so gut, aber dann müssen wir umkehren. 700 Höhenmeter müssen wir auf dem Rückweg bewältigen – eine Herausforderung, die wir mehr Rad schiebend als fahrend bewältigen. Nichtsdestotrotz kommt uns bei der Tour mit Blick über die schönen Täler bereits die nächste Idee: Wir möchten in das eine Tal und zu einer Lagune und anliegender Bergkette hinwandern. Wege gibt es keine, wir müssen selbst auskundschaften, wie wir am besten über die steilen und sandigen Vulkanhänge oder über die spitzigen Lavafelder kommen.

Ein 2-Tages Trek in der unberührten Natur

Am nächsten Tag lassen wir unsere Autos sicher auf einem Campingplatz, lassen uns wieder an den selben Ausgangsort zurücktransportieren und wandern mit Proviant, Zelt und Steigeisen im Gepäck in die menschenleere Vulkanlandschaft los. Die anderen Beiden haben ja glücklicherweise ein Satellitentelefon. Über Schneefelder und Hänge wandern wir und vorbei an Araukarien-Baum Oasen, die dazumal von Vulkanausbrüchen verschont geblieben sind. Beim so alleine in der menschen-, strassen-, weg- und häuserleeren Vulkanlandschaft den Weg auszukundschaften kommt schon fast Mittelerde-Feeling wie in Herr der Ringe auf. Faszinierend inmitten der schwarzen Vulkanfelder sind die kleinen Blümchen die zaghaft wieder wachsen. Die grösste Herausforderung ist durch ein riesiges Feld voller spitzem Vulkangeröll zu klettern, das nimmt auch den Gummi unsrer Wanderschuhe ordentlich mit. Nach einem Tag wandern kommen wir endlich bei der Lagune an und stellen unser Zelt auf. Nach einem Nickerchen in der Sonne kochen wir Abendessen und geniessen den Abend am Feuer und den endlosen Sternenhimmel. Am nächsten Tag machen wir uns weiter. Da wir nicht wieder über das Vulkanfeld durchmöchten, laufen wir einen Hang hoch, kämpfen uns durch Bambuswald bis zu einer ehemaligen Strasse und laufen dieser über Vulkansand und steilen Schneefelder weiter entlang. Da wir zwei am selben Tag noch 3 Stunden Auto fahren müssen, da wir schon den nächsten Zwischenstopp gebucht haben sind wir in Eile. Als wir uns dann beim Lonquimay entscheiden müssen, den Vulkan zu umrunden oder in ein Tal zu laufen um dort zu einer Strasse zu gelangen wo wir abgeholt werden können, entscheiden wir uns aufgrund eines Missverständnisses für die zweite Variante. Dies haut prompt nochmals 15-16 Kilometer auf unsere Wanderung drauf, womit es doch spät wird. Dafür kommen wir an schönen Lagunen, einem riesigen Wasserfall und lauter im Frühling blühenden Blumenwiesen vorbei – in Landschaften wo es weit und breit nur unberührte Natur gibt. Irgendwann schaffen wir es und werden auf der Strasse endlich vom Campingplatzbesitzer abgeholt. Wir verabschieden uns vorübergehend von Henrike und Mark und fahren weiter Richtung Süden.

Cochamó-Tal

Nach all diesem Sport haben wir leider keine Zeit zum ausruhen, am nächsten Tag wartet schon die nächste 2-Tageswanderung auf uns. Wieder mit Zelt ausgestattet wandern wir ins Cochamó-Tal. Das Cochamó-Tal mit seinen steilen Granitwänden und -kuppeln und wird auch Yosemite des Südens (analog zum Yosemite National Park in den USA) genannt. 13 Kilometer müssen wir mit Zelt, Schlafsack etc. ausgerüstet ins Tal hochwandern. Normalerweise kein Problem, aber der teilweise sehr schlammige Weg und die Erschöpfung der letzten Tage machen es uns nicht einfacher. Da wir zuvor ein paar Hundert Kilometer fahren mussten sind wir auch zeitlich sehr spät dran. Der Weg führt durch gemässigten Regenwald, durch mystische mossbehangene Bäume und viel Farn und vorbei an wunderschönen glasklaren Flüssen. Um 8 Uhr abends kommen wir endlich an. Für das letzte Stück müssen wir den Fluss überqueren, dies geschieht mittels witziger Handseilbahn. Entgegen unserer Erwartungen gibt es keine Einrichrung zum Kochen, so müssen wir unser Abendessen auf dem Feuer zubereiten, womit wir wieder erst sehr spät zu Bett kommen. Am nächsten Tag müssen wir sehr früh auf. Bevor wir den gleichen Weg aus dem Tal zurückwandern, wollen wie noch eine Wanderung zu einem Aussichtspunkt machen, von welchem wir die steilen Felswände besser sehen können. Nur 2.8 Kilometer für den Hinweg hört sich nach nicht viel an – doch müssen wir dabei über 1000 Höhenmeter hochklettern. Mit Hin- und zurück 5.6 Kilometer waren das die längsten 5 Kilometer die wir je zurückgelegt haben: Über 5 Stunden haben wir dafür gebraucht. Der Weg ist selbstredend sehr steil und weiter oben müssen wir uns oft an extrem steilen Stellen an Seilen hochziehen – über senkrechten mehrere hundert Meter hohen Felswänden, wo ein falscher Griff schnell ein Absturz ins Tal bedeuten würde. Wir schaffen es irgendwann hoch. Oben herrscht Schnee, so dass wir nicht noch weiter zu einem 2. Aussichtspunkt wandern können – zum Glück. Aber die Anstrengung war es Wert, die Aussicht ist grandios. Durch die extreme Steigung ist der Abstieg nicht viel weniger anstrengend. Wir gehen zurück zum Campingplatz, räumen unser Zelt auf und wandern die 13 Kilometer wieder aus dem Tal hinaus. Nun sind wir wirklich am Ende mit der Welt
und unseren Kräften. Wir suchen uns ein Campingplatz um endlich mal wieder zu duschen und fahren dann weiter nach Pichicolo, wo eine Fähre auf uns wartet.

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Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn

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