Eine Woche im Schlaraffenland

Geld fürs Tanken abzählen

Anfangs Woche machen wir uns ins voraussichtlich letzte Land unserer Reise – nach Argentinien.
Argentinien ist das 8. grösste Land der Erde und dementsprechend was Landschaft und Kultur betrifft sehr vielfältig. 90% der Einwohner sind aus Europa eingewandert, womit der europäische Einfluss sehr hoch ist und was vielleicht auch ein Grund für die vielen Touristen ist. Mit mehr Rindern als Einwohnern ist Argentinien bekannt für sein Fleisch. Weiter ist Argentinien ein grosser Produzent von Wein. Da über 30% der Einwohner italienische Wurzeln haben, gehört neben Fleisch und Wein auch Pasta und Eis zum fixen kulinarischen Angebot. Somit können wir uns kulinarisch nicht beklagen – Argentinien ist diesbezüglich ein Highlight. Hinzu kommt, dass das Land für uns als Ausländer sehr günstig ist. Argentinien hat leider schon seit mehreren Jahrzehnten immer wieder mit (Hyper-)inflation zu kämpfen. Dieses Jahr soll die Inflation bei deutlich über 70% liegen. Um zu verhindern, dass Argentinier ihr Geld zu sehr in US Dollar anlegen, da der Peso ja so schnell an Geld verliert, wirkt die Regierung entgegen. So legt sie für verschiedene Ausgaben in Dollar unterschiedlich hohe Wechselkurse fest, wenn ein monatliches Limit überschritten wird. Das heisst, obwohl der offizielle Wechselkurs bei vielleicht 150 Pesos zu einem Dollar liegt, hat der Argentinier keinen Zugang zu diesem Wechselkurs. Stattdessen muss er zum Beispiel bei Urlaub im Ausland den sogenannten „Qatar-Dollar“ (dank der WM so benannt) bezahlen, bei welchem 1 US Dollar ca. 300 Pesos kostet. Für andere Ausgaben gibt es wiederum andere von der Regierung bestimmte Wechselkurse. Zum Beispiel den Coldplay-Dollar für ausländische Konzerte oder Entertainment. Was für Argentinier eine Katastrophe ist, ist für uns im Umkehrschluss von Vorteil, da wir viel mehr Geld erzielen können, wenn wir statt dem offiziellen Kurs zum Schwarzmarktkurs / „Blue Dollar“-Kurs Geld wechseln. Das heisst aber, wir dürfen nicht am Geldautomat Geld abheben oder mit Karte bezahlen sondern müssen unsere Pesos in bar beziehen. Am Besten sind dazu nicht Wechselstuben geeignet, sondern Western Union. Man schickt sich per Überweisung oder Kreditkarte Geld an sich selbst und holt es an einem Western Union Standort in Pesos ab. Die Kunst ist es, den richtigen Betrag zu finden. Fixe Gebühren pro Transaktion und zum Teil riesige Schlangen vor Western Union Standorten sprechen dafür soviel Geld auf einmal abzuheben wie möglich. Die Tatsachen, dass die höchste Note etwa 3 Franken wert hat, womit immer riesige Bündel Geld gezählt werden müssen, dass manche Standorte nicht genügend Geld an Lager haben und dass das Geld täglich an Wert verliert, sprechen dafür wenig abzuheben. So haben wir an einem Tag 306 Pesos für einen Schweizer Franken erhalten, 5 Tage später warens bereits 323 Pesos. Der offizielle Wechselkurs hingegen war 160 Pesos zu einem Franken. So ist das mit der Währung hier halt ein wenig komplizierter.
Dafür sind die Menschen wunderbar, offen, herzlich, grosszügig. Wir werden wieder sehr oft angesprochen und willkommen geheissen mit unserem Auto und das alles obwohl es doch sehr viele Touristen hat. Bisher gab es eher die Tendenz, dass desto mehr Touristen desto geringer die Gastfreundlichkeit, was in Argentinien überhaupt nicht zutrifft. Die Infrastruktur ist sehr gut ausgebaut, alles ist sauber, es gibt schöne Grünflächen – man hat das Gefühl Argentinien sei ein sehr reiches Land. Wobei böse Zungen behaupten könnten, dass die hohen Staatsausgaben nicht förderlich sind, um das Inflationsproblem in den Griff zu bekommen. Die Notwendigkeit von Strassenlampen alle 5 Meter auf Landstrassen im Nirgendwo könnte man auch tatsächlich bestreiten.
Weiter ist das Klima wieder angenehmer – statt der Extreme, die wir bisher erlebt haben mit 40 Grad in den Tropen vs. -15 Grad in den Anden ist es hier angenehme 20-25 Grad. Und es ist länger hell. Nach über einem Jahr immer zwischen 17.00-18.30 Uhr Eindunken bleibt es endlich auch mal wieder bis nach 20.00 Uhr hell.
Ja, Argentinien hat uns sofort begeistert und wenn die wirtschaftliche und währungspolitische Instabilität nicht wäre, wäre es ein Land in welches wir sofort auswandern würden.

Los Estratos

Der Norden und die Ruta 40

Zuerst haben wir aber ein wenig Pech. Wir fahren zuerst im Norden des Landes, welches mit hübschen Adobe-Dorfen und bunten Bergen punktet. Leider gab es grossflächige Waldbrände, so dass alles sehr dunstig ist und auch die Luft nicht gut riecht. Am Aussichtpunkt zum Berg der 14 Farben bei Quebrada de Humahuaca sehen wir so leider höchstens 14 Grautöne. So machen wir uns relativ schnell nach Süden, da wir auch ein wenig im Zeitdruck sind. Im ganzen Norden rum um Cafayate gibt es wunderschöne Steinformationen, die zum Wandern und Wildcampen einladen. Aber auch hier befindet sich noch einiges an Dunst, womit wir uns auch hier nur auf 2 Spaziergänge beschränken. Unterwegs steht ein Ölwechsel an – bis wir jemand finden, der es macht, dauert es eine Ewigkeit. Irgendwie ist die Hälfte aller Geschäfte geschlossen, was mit der Wirtschaftskrise zusammenhängt. Schlussendlich finden wir endlich jemand, der dann auch sehr kompetent und nett ist und uns wieder viele Tipps auf den Weg gibt. Auf dem Weg in den Süden machen wir ein paar Mal Bekanntschaft mit argentinischem Wein und Fleisch und sind begeistert. Im schicken Restaurant kostet ein gutes grosses saftiges Rinderfilet etwa 7-8 Franken, die gute Flasche Wein 4-6 Franken. 5 Kilo Erdbeeren am Strassenrand kaufen wir für 2 Franken. Ja, hier kann man es sich gut gehen lassen.

Ischigualasto Provincial Park

Einen Stopp legen wir im Ischigualasto Provincial Park ein. Wir machen eine im Auto geführte Tour durch den Park. Die wüstenähnliche Landschaft mit den interessanten Steinformationen gibt einem ein wenig das Gefühl, auf dem Mond zu fahren, weswegen sie auch Valle de la Luna genannt wird. Eindrücklich ist die „Boccia Bahn“ – eine Fläche mit perfekt rund geformten Ballen, die vor Millionen von Jahren enstanden sind. Der Park ist auch Heimat von vielen Fossilien, auch Dinosaurierfossilien.

Mendoza

Danach fahren wir weiter nach Mendoza. Hier treffen wir uns wieder mit Mark und Henrike. Auf einem Weingut können wir hier campen. Wie praktisch, so direkt an der Quelle. Die Stadt Mendoza ist der grösste Weinproduzent Lateinamerikas, der grösste Malbec Produzent weltweit und beherbergt über 100 Weingüter. Aufgrund der langen Reifezeit der Trauben, der hohen Sonneneinstrahlung, des mangelnden Regens (das benötigte Wasser kommt stattdessen von der Schneeschmelze) und der hohen Lage am Fuss der Anden ist der Wein hier besonders geschmacksvoll. Bevor wir uns durch die Weingüter durchprobieren machen wir noch einen Service bei einem super netten und bei Reisenden beliebten Toyotaspezialisten. Die Reparatur eines Risses im Tank und ein neues Treppchen machen wir bei einem von ihm vermittelten Schweisser. Dieser ist ebenfalls extrem nett und gastfreundlich. Er organisiert prompt spontan für uns zum Nachmittag ein Asado, ein argentinisches Barbecue. Wie hier so üblich wird einfach ein Feuer vor der Werkstatt am Strassenrand entfacht und die entstehende Glut unter ein Rost gelegt – maximal einfach. Er organisiert ein paar Flaschen Wein, typisch eingelegte Tomaten, alles extrem lecker. Neben seinen Mitarbeitern schauen noch andere Bekannte vorbei, es wird ein lustiger Nachmittag. Die anderen Bekannten, zwei Brüder, haben ebenfalls eine Werkstatt und sind so nett, dass sie ein paar Tage später noch unseren Steinschlag in der Windschutzscheibe durchbohren und mit Etoxyhartz auffüllen. Geld wollen sie leider keines für ihre Arbeit. So können wir doch wieder ein paar Baustellen an unserem Land Cruiser beseitigen. Am Wochenende wollen wir mit Mark und Henrike die Weingüter erkunden. Wir kommen nicht weit, schon beim ersten bleiben wir mehr oder weniger die ganze Zeit stecken. Aber die Tour durch das Weingut und das Tasting der verschiedenen Weine und Olivenöle, mit ein paar Empanadas zwischen durch ist auch extrem gut gemacht. Der Chef feiert mit den Gästen mit und schenkt immer nach. So verbringen wir den ganzen Nachmittag dort, besuchen kurz noch ein weiteres Weingut und besuchen dann eine Markthalle mit Feinkostläden zum Abendessen. Schlussendlich endet der Abend in einem Club und so geniessen wir wieder mal das Nachtleben bis um 04.00 Uhr morgens. Ansonsten entspannen wir am Wochenende beim Campen auf dem Weingut, machen wieder mal Wäsche und probieren dann auch mal selber die wahnsinnig guten und günstigen Fleischstücke Argentiniens zu grillen. Es wird mega lecker.

Zurück nach Chile

Nach weiteren Besorgungen verabschieden wir uns wehmütig von Mendoza und machen uns auf über die idyllische Passstrasse durch die Anden Richtung Grenze. Die Grenze befindet sich direkt neben dem argentinischen Berg Aconcagua, der mit einer Höhe von 6961 Metern höchste Berg ausserhalb Asiens. Letzter Halt machen wir bei der Puente del Inca. Es handelt sich dabei um einen durch Erosion geformten Felsbogen, der einer Brücke ähnelt. Aufgrund einer schwefelhaltigen heissen Quelle wird das Gestein rotgelb gefärbt, was dem Phänomen ein sehr spezielles Aussehen verleiht. Damit verabschieden wir uns wehmütig vorübergehend von Argentinien und fahren nach Chile.

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Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn

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