Vom Dschungel ins Konsumparadies Panamas

Osa Peninsula

Dreifachsonnenuntergang bei Drake Bay

Unser letzter Halt in Costa Rica machen wir auf dem Osa Peninsula. Das Osa Pensinsula beherbergt laut National Geographic die intensivste Biodiversität, also Artenvielfalt der Welt. So wird geschätzt, dass auf dem Peninsula 2.5% der Biodiversität der Welt zu finden ist, obwohl das Peninsula nicht mal ein Tausendstel Prozent der Erdoberfläche ausmacht. Der Grossteil des Peninsulas ist von Dschungel bedeckt und teilweise durch den Corcovado Nationalpark geschützt. Zuerst fahren wir zu einem abgelegen Strand in der Nähe von Drake Bay, was 4-5 Flussdurchquerungen erfordert. Wir werden mit einem wunderschönen einsamen Übernachtungsplatz am Strand mit traumhaftem Sonnenuntergang belohnt. Nachdem es dunkel ist, wimmelt es nur noch so von Hermit Crabs (Einsiedlerkrebsen) – eindrücklich. Wo der meilenweite mit Kokospalmen gesäumte Strand endet, fängt der dichte Dschungel an. Am nächsten Morgen machen wir eine Wanderung durch diesen Dschungel. Wir sahen tatsächlich einige Tiere – Mango naschende Äffchen (wobei sie immer nur 2-3 Bisse probieren, die Mango an Boden schmeissen und die nächste pflücken), Nasenbären, riesige blaue Schmetterlinge, Truthahngeier, einen gut getarnter Helmbasilisk und Aras. Anouk wird schmerzhaft und zweifach von einer giftgrünen Raupe gestochen. Auf dem nassen rutschigen Lehmboden fallen wir ein paar Mal auf den Hintern und sind danach richtig dreckig, aber ansonsten hat die Wanderung Spass gemacht. Danach fahren wir auf die andere Seite des Peninsulas und geniessen dort noch 2 Tage, suchen einsame Strände zum übernachten, fischen und Wellen reiten oder erledigen im Dörfchen Administratives. Auf den Besuch des Corcovado Nationalpark verzichten wir aus Budgetgründen, freuen uns aber drüber am Morgen vom Bett aus durchs Dachfenster Tukane und Aras in den Bäumen zu beobachten.

Grenze zu Panama und Boquete

1000-jähriger Baum auf dem Pipeline Trail bei Boquete

Das wars nun auch schon mit Costa Rica und so machen wir uns auf zur letzten Grenze Zentralamerikas – der nach Panama. Es handelt sich wieder um eine verhältnismässig mühsame Grenze. Verlängert wurde das Prozedere dadurch, dass die Beamten sowohl beim Abschluss der obligatorischen Haftpflichtversicherung fürs Auto als auch bei den Temporärimportpapieren fürs Auto die VIN Nummer und das Kennzeichen fehlerhaft eingaben und das rückgängig machen mehrere Anrufe und viel Warten implizierte. Beim Korrigieren schlichen sich erneut Fehler ein, womit der Prozess ein drittes Mal wiederholt werden musste. Wir kontrollieren die Nummern jedes Mal, da es im Falle von Fehlern bei der Ausreise und dieses Mal noch schlimmer – bei der Verschiffung – Probleme geben würde. Wir können uns nicht erklären, wieso wir tatsächlich fast jedes Mal Fehler entdecken, obwohl die Beamten diesen Prozess täglich wiederholen – mühsam. Nach etwa 3 Stunden haben wir es geschafft, machen in der Stadt David ein paar Erledigungen (z.B. zahlen auf der Bank die Anzahlung ein für die Verschiffung) und fahren ins blumige Hochland ins Städtchen Boquete. In Boquete übernachten wie am Dorfplatz, wie zufälligerweise unsere Container Buddies auch. Somit lernen wir sie das erste Mal kennen und gehen zusammen etwas essen und trinken. Aurore und Salah aus Frankreich sind seit einem Jahr auf der Panamericana unterwegs. Wir haben mit ihnen Kontakt aufgenommen, als sie in einer Facebook-Gruppe gefragt haben, ob jemand mit ihnen Mitte Juni ein Container nach Kolumbien teilt.
Am nächsten Tag machen wir eine kleine Wanderung zu einem Wasserfall. Es ist unser dritter, letzter und leider weiterhin erfolgloser Versuch Quetzals zu sehen.

Cerro Tute

Raphi auf dem Cerro Tute

Weiter fahren wir zum Cerro Tute, eine Destination abseits der Touristenpfade. Hier fahren wir so weit hoch wie es geht. Es ist eine wahrliche Allrad-Herausforderung – auf rutschigem, äusserst steilen, unebenen Lehm mit vielen Felsen. Das letzte extrem steile Stück schaffen wir nicht zu überwinden und damit kommen wir nicht bis da wir hinwollten, aber doch so weit, dass wir beim Übernachten ein schönes Panorama haben. Am nächsten Morgen stehen wir vor dem Sonnenaufgang auf, um die restliche halbstündige Wanderung zum Gipfel zu wandern. Ein Stück ist für Anouk mental besonders anspruchsvoll: Es führt durch ganze Landschaften voller ineinander gewobenen Spinnennetzen. Zum Glück hat Raphi die Machete dabei und kann den Weg freimachen. Dies ist für Arachnaphobikerin Anouk aber nur eine kleine Beruhigung, ist doch der Weg so schmal, dass man unweigerlich die Pflanzen berührt (dies erst noch bei Dunkelheit) und damit Angriffsfläche für Spinnen schafft. Am Schluss müssen wir noch auf den Felsen klettern, begrüssen die dort ansässige Krötenfamilie und hätten dann ein 360-Panorama vom höchsten Berg in der Umgebung. Leider ist es so neblig da oben, dass wir kaum was sehen, auch nicht den Sonnenaufgang. Es ist halt Regensaison. Leider können wir nicht warten, da wir nach Panama City müssen. Zurück beim Auto wartet die nächste Überraschung: Unser Reifen ist platt. Zum Glück liegt es am Reifen, nicht wieder am Felgen, womit Raphi das Loch flicken kann.

Ankunft in Panama City und der Overland Embassy

Raphi schneidet die Felgen zurecht

Dann müssen wir nach Panama City eilen, zur „Botschaft“. Die Overland Embassy / Botschaft wurde letztes Jahr von Alejandro gegründet, der selber gerne reist und bereits overland die Strecke Panama – Alaska gereist ist. Alejandro ist mit seiner Familie mit 16 von Venezuela nach Panama geflohen. Um als Teenager in der neuen Umgebung nicht in ein Loch zu fallen hat er sich zum Ziel gesetzt Panama bis in die letzten Ecken zu erkunden und mögen zu lernen. Dabei ist er immer wieder auf Reisende / Overlander gestossen und hat sie dann unterstützt bei ihren Vorhaben in Panama, wie zum Beispiel bei der grossem Herausforderung der Verschiffung nach Kolumbien. Und so wurde ihm immer wieder vorgeschlagen sein Hobby zum Beruf zu machen, was er nun mit der frisch gegründeten Overland Embassy macht. Er weiss was Overlander wie wir brauchen und hilft bei allem Möglichen. Zum Beispiel bietet er Werkstatt mit allem drum und dran hat, hat Kontakte für alle möglichen Reparaturen, man kann bei seiner „Botschaft“ kostenlos freistehen und Wlan, Dusche, Toilette nutzen. Man kann sein Camper putzen, Ersatzteile bestellen, er agiert auch als Agent für Verschiffungen und so weiter. Und natürlich schliesst man dort auch mit ihm und anderen Reisenden schnell neue Freundschaften. Eine wirklich tolle Sache. Wir haben zwar bereits einen anderen Verschiffungsagenten, Alejandro kann uns aber helfen uns zu „schrumpfen“, damit wir in den Container passen. Er ist gerade dran einen alten Land Cruiser zu restaurieren, von welchem er auch die Originalfelgen gekauft hat. Netterweise verkauft er uns diese weiter. In seiner Werkstatt können wir sie so zurechtschneiden, dass wir sie am Land Cruiser anbringen können und mit ihnen ohne Reifen in den Container fahren können, um niedriger zu sein.
Nachdem wir am zweiten Tag fertig sind, kommt der grosse Moment der Wahrheit – wir messen und sind mit den zurechtgeschnittenen Felgen 2.57 Meter hoch. Wir dürfen genau 2.58 Meter sein – es sollte also passen. Ein halber Stein fällt uns vom Herzen (sind ja noch nicht im Container). Nun haben wir noch ein bisschen Zeit vor der Verladung am 13. Juni um Panama und Panama City zu erkunden und machen uns ausgestattet mit Alejandros Panama-Insider Tipps auf den Weg.

Das reiche aber ungleiche Panama

Nach unseren ersten Tagen in Panama haben wir einen gemischten Eindruck. Die Menschen sind generell sehr sehr freundlich und offen, mehr noch als in Costa Rica. Was schockiert, ist der Müll der wieder überall rumliegt, obwohl Panama dank dem Panamakanal, aber auch Offshore Banking und Geldwäscherei in reiches Land ist, sogar reicher als Costa Rica. Auf der anderen Seite sind wir total überwältigt vom kommerziellen Angebot. An den meisten Orten, aber vor allem um Panama City gibt es riesige wunderschöne Supermärkte mit einem top internationalen Angebot (sogar Schweizer Villars Schoggi, die es in der Schweiz nur in ganz grossen Coops gibt). Es reiht sich eine Riesenmall an die nächste, und wir sehen eine Vielfalt an amerikanischen Fastfoodketten, die wir in den USA das letzte Mal gesehen haben. Nachdem wir seit den USA mit einem sehr stark eingeschränkten Angebot leben mussten, ist dies ein Luxus für uns. Z.B. war das verfügbare Spektrum an Lebensmittel sehr gering oder wir versuchen seit den USA neue Trekking-Turnschuhe zu finden, da unsere dank täglichem Tragen total abgenutzt sind – keine Chance. So sind wir total überwältigt von diesen plötzlich scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Aber ja, dafür sind die Preise praktisch gleich hoch wie in den USA, bezahlt wird auch in US Dollar. Angesichts der Riesen-Skyline von Panama City würde so manche US-Grossstadt erblassen und unsere letzte besuchte Metropole Mexico City sowieso. Der ganze Luxus ist ja schön und gut, aber etwas stimmt nicht ganz und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack: Auf dem Land leben die Menschen in offenen Stroh und Wellblechhütten ohne Strom und vorne dran türmt sich der Abfall. Die Armut ist deutlich zu spüren und die Ungleichheit widerspiegelt sich auch in der extrem hohen Polizeipräsenz, die versucht zu verhindern, dass die Situation eskaliert. Lateinamerika ist weltweit führend was Einkommen- und Vermögensungleichheit angeht und innerhalb Lateinamerikas kommt Panama diesbezüglich nach Brasilien an oberster Stelle. Ja Panama ist reicher als Costa Rica, aber Costa Rica pflegt eindeutig den nachhaltigeren Wohlstand.
Aber vielleicht ändert sich das ja noch, Panama ist relativ „neureich“. Erst 1999 hat die USA Panama die vollständige Kontrolle über den Kanal überlassen und viel Wohlstand stammt auch von der Verdreifachung des Verkehrs durch den Panamakanal seit der Fertigstellung der Kapazitätserweiterung 2016. Bis 1989 hat Panama unter einer schlimmen Militärdiktatur gelitten – bis der Diktator den USA den Krieg erklärt hat, was als Land mit halb so vielen Einwohnern wie die Schweiz wohl nicht der schlauste Schritt ist. Der „Krieg“ und die Diktatur nahm damit nach nur ein paar Tagen ein Ende und der Diktator musste fliehen. Seither herrscht Demokratie, aber trotzdem hatte Panama noch lange mit Korruption und anderen politischen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Wir sind gespannt was uns in diesem kleinen Land noch erwartet.

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Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn

Ein paar Tiere, die wir auf dem Osa Peninsula angetroffen haben:

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