Vom Dschungel in den Schnee auf dem Festland Mexikos

Unsere Fähre in Mazatlán

Nach 4 Wochen auf der Halbinsel Baja sind wir auf Mexikos Festland angekommen. Das Übersetzen aufs Festland ging erstaunlich einfach. Statt für die normale Passagierfähre haben wir uns für die Truckerfähre entschieden, da sie günstiger ist und man sogar im Auto schlafen darf. Da man das Ticket nicht im Voraus kaufen kann und wir vom Prozess viel Haarsträubendes gehört haben, waren wir bereits um 12.00 Uhr am Hafen, obwohl die Fähre erst Abends ablegen sollte (die Planabfahrtszeit weiss niemand so genau). Innerhalb von 15 Minuten waren wir mit dem ganzen Prozess (Militärkontrolle, Auto wiegen und messen, Ticket kaufen) durch, standen als erste bei der Fähre und konnten dann 5 Stunden aufs Boarding warten. Typisch Schweizer 🙂 Auf der Fähre wars aber super, die Trucker und das Fährpersonal alle sehr nett, man konnte duschen und das einfache aber leckere Abendessen und Frühstück war im Preis inbegriffen. Am nächsten Tag um ca. 10.00 Uhr fuhren wir dann als letzte (da als erste auf dem Schiff) in Mazatlán aus dem Fährgelände.

Mazatlán

Der Land Cruiser an unserem Palmenstrand

Zuerst machen wir einen Spaziergang zu El Faro, einer der mit 135m höchst gelegenen Leuchttürme der Welt, und geniessen die Aussicht. Von der Fähre aus hatten wir südlich der Stadt einen endlosen, einsamen von Palmen gesäumten Sandstrand gesehen, welchen wir uns nicht entgehen lassen wollten. Die Palmen gehören zu Plantagen, aber der Strand ist wie jeder Strand in Mexico per Gesetz öffentlich. Wir finden eine Zugangsstrasse und fühlen uns am Strand so wohl, dass wir gleich da übernachten, obwohl wir uns eigentlich vorgenommen haben das Wildcampen auf dem Festland zu reduzieren. Mit Ausnahme von 1-2 Traktoren, die durchfuhren und ein paar Pferden hatten wir den Strand für uns. Wir genossen die Erfrischung im Meer und sind zum Sonnenuntergang zu einem Schiffswrack gelaufen. Danach fahren wir Richtung Süden und verlassen damit den Bundesstaat Sinaloa, Heimat des gleichnamigen grössten Kartells der Welt. Auf Sehenswürdigkeiten weiter nördlich wie den Copper Canyon verzichten wir schweren Herzens aus Sicherheits- und Zeitgründen (Kartellgebiet). Den Canyon könnte man zwar mit dem Zug machen, aber wir hätten wenn schon dann eine Auto-/ Zug-Kombination gemacht, da auch die steilen Strassen in das Canyonsystem hinein sehr spannend sind. Aber wir wollen auch nicht das kleinste Risiko eingehen, dass uns das Auto weggenommen wird, denn Unterstützung von der Polizei kann man in diesen Gebieten vergessen.

Nayarit

Krokodil bei La Tovara

Bei der Fahrt in den Süden sind wir von der üppigen Vegetation überwältigt, insbesondere nach der Baja- Wüstenlandschaft. Ja, hier herrscht praktisch Dschungel überall entlang der Strasse werden leckere frische Früchte verkauft – Jackfruits, Melonen, Kokosnüsse, Mangos etc.
Nächster Stopp ist die geschützte Mangrovenlandschaft La Tovara im Bundesstaat Nayarit. Wir machen eine kleine Bootstour durch die Mangroven, die von Krokodilen und Flussschildkröten nur so wimmeln. Wir erfrischen uns in einem Schwimmloch (zum Glück mit Gitter, so dass keine Krokodile durchkommen). An der Riviera Nayarit, einem aufstrebenden wunderschönen Küstenabschnitt voller Kokospalmen übernachten wir im Hinterhof eines Deutsch-Amerikanischen Auswandererpaars, von deren Hinterhof man direkt ins Meer hinabsteigen kann.

Auf dem Weg zu den Altavista Petroglyphen

Unser nächster Halt sind die Altavista Petroglyphen (in Felsen gemeisselte Bilder). Schon der Weg an sich ist ein Abenteuer: eine kleine Dirtroad im Dschungel-Niemandsland, nichts angeschrieben, holprig und wir verkratzen das ganze Auto bis wir effektiv nicht mehr weiterkommen und den Rest zum Eingang laufen. Dort führt ein Spaziergang durch den dichten Dschungel zu den Petroglyphen, Naturpools und einem kleinen Wasserfall, welcher durch vom Wasser hübsch eckig geformte Steine fliesst. Unterwegs sehen wir sogar eine Eule. Die Petroglyphen wurden vor weit mehr als 2000 Jahren vom Tecoxquin-Stamm wahrscheinlich als Gebet erschaffen. Noch immer wird der Ort vom noch existierenden Huicholes Stamm für Rituale gebraucht und Opfergaben dagelassen. Nach einem weiteren Halt am Wochenmarkt im Küstenstädtchen La Peñita de Jaltemba besuchen und schwimmen wir an einem Surferstrand nördlich der Touristensstadt Puerto Vallarta. Auf der Dirtroad zum Strand zwischen 2 Luxusresorts fühlen wir uns genügend sicher, um freizustehen und geniessen so bereits zum Sonnenaufgang ein Bad in einem Naturpool am Meer welches sich zur Flut füllt.

Jalisco und Nevado de Colima

Kirche in San Sebastian del Oeste

Danach nehmen wir Abschied von der Küste und legen im Landesinnern einen Zwischenhalt im malerischen Dorf San Sebastian del Oeste ein. Das Dorf ist ehemalige Silber-, Gold- und Blei-Minenort und bekannt für seine hübsche Architektur mit Kopfsteinpflasterstrassen. Es ist nur eines von vielen wunderschönen bunten Dörfern, welche wir an diesem Tag sehen. Auf der Fahrt durch den Bundesstaat Jalisco wird der Dschungel durch Berge, Avocadobäume, Agavenfelder, Beerenfelder und Bauernhöfe abgelöst. Ein Dorf ist hübscher als das letzte mit bunten Häusern, liebevoller Dekoration, hübschen Kathedralen… so oft haben wie wohl selten „jööö“ und „oh wie süss“ gesagt. Die Männer sind mit ihren Hüten wie Cowboys gekleidet, am Strassenrand werden Nüsse und Früchte verkauft – hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein.
Wir möchten zum Vulkan Nevado de Colima, den wie am nächsten Tag besteigen möchten, um die Aussicht auf den aktiven Volcán de Fuego zu geniessen. Von der Strasse sieht man die beiden (schneefreien) Gipfel wunderbar und die Wettervorhersage sieht auch strahlend aus. Wir wollen im Nationalpark der beiden Vulkane übernachten und so bricht das erste Mal leichte Panik aus, als in einer Bergstrasse ein paar Autos vor uns ein Lastwagen umkippt, wir 2 Stunden lang warten müssen und gezwungenermassen bei Dunkelheit fahren müssen (was wir versprochen haben nicht zu tun). Es läuft aber alles gut und so stehen wir am nächsten Morgen früh auf und werden total vom üppigen Schneefall und dichten Nebel überrascht. Wir fahren trotzdem bis zum höchstmöglichen Punkt und wandern so weit wir können. Irgendwann geht’s aber nicht weiter. Der Schnee, nun fast waagrecht und mehr Hagel als Schnee schmerzt im Gesicht, wir finden den Wanderweg (schon ohne Schnee und Nebel eine Herausforderung in Mexico) nicht mehr, durch den Nebel sieht man sowieso nix, neben uns geht’s steil runter und wir müssen aufpassen im Schnee nicht auszurutschen. So geben wir auf. Auf dem Rückweg treffen wir auf weitere Gruppen. Eine ist mit Guide unterwegs, der uns bestätigt, dass ein Aufstieg zu diesen Bedingungen nicht möglich ist. So fahren wir zurück und bereits nach ein paar Minuten bleibt das erste Auto stecken – die Mexikaner sind sich Schnee nicht gewohnt und mit Sommerreifen unterwegs.
Und so kommt unser Abschleppseil das erste Mal zum Zug und Raphi hilft das Auto zu befreien. Nur wenig später passiert dasselbe bei einem anderen Auto, Raphi hilft wieder. Inzwischen wurde der Zugang für zum Nationalpark für Autos gesperrt und die Leute müssen hoch laufen. Wir sehen sogar einige in Badhosen. Wie wir später erfahren, sind Leute direkt vom Strand angereist, als sie erfahren haben, dass es hier schneit, denn dies ist hier eine Besonderheit.

Mit all dem Schnee können wir wenigstens einen Schneemann bauen 🙂

Von der einen Gruppe, welcher Raphi geholfen hat, werden wir zu einem richtigen Festessen ins Restaurant eingeladen und so kommen wir neben den klassischen mexikanischen Gerichten auch das erste Mal in den Genuss (?) von Lammeingeweiden, ganzen Wachteln und Kaninchen mexikanischer Art. Und Raphi musste natürlich Tequila mittrinken. Unglaublich nette Leute! So ging der Tag schnell vorbei und schon war es zu spät, um weiterzufahren. Zum Glück hatte uns der Guide, den wir auf dem Berg getroffen haben von einer jungen lokalen Familie erzählt, die vor ein paar Jahren durch Lateinamerika gereist ist. Um etwas zurück zu geben für die Gastfreundschaft, die ihnen damals widerfahren ist, lässt die Familie nun ebenfalls Reisende kostenlos bei ihnen parken und gibt ihnen Zugang zu warmer Dusche, Toiletten, Wifi etc. So schreiben wir der Familie am Samstagabend, ob wir spontan bei ihnen unterkommen können und erhalten prompt die Antwort, dass das kein Problem ist. Spontan, an einem Samstagabend, kostenlos wildfremde Leute empfangen – in der Schweiz unvorstellbar 🙂 Wir bringen eine Flasche Wein mit und verbringen einen gemütlichen und interessanten Abend mit den sehr sympathischen Gastgebern. Sie geben uns viele Tipps für Mexico und Zentralamerika auf den Weg. Unglaublich diese Gastfreundschaft!

Damit schliessen wir unsere erste Woche auf dem Festland Mexikos ab. Wir hatten im Vorfeld grossen Respekt, wurde uns doch so oft eingetrichtert, wie gefährlich es ist. Ja, man muss aufpassen und das machen wir weiterhin. Aber wir geniessen es auch, uns inzwischen sehr wohl zu fühlen, statt ständig ängstlich zu sein, da wir die Herzlichkeit und Gastfreundschaft des Grossteils der Bevölkerung nun zu Genüge selbst erlebt haben. Wir haben auch auf dem Festland die meisten Nächte freigestanden, uns dabei sicher gefühlt und noch keine einzelne schlechte Erfahrung gemacht. Die Leute sind sogar noch offener, herzlicher und hilfsbereiter als auf der Baja, was wohl daran liegt, dass es auf dem Festland nicht so viele US-Amis / Gringos gibt wie dort. Zu viele Touristen aus einem Land ist halt oft schwierig (Bereitschaft sich anzupassen sinkt, z.B. Spanisch zu reden) und das Verhältnis zwischen Mexikanern und US-Amis ist nun mal nicht das Einfachste. Wir freuen uns auf die weiteren Erlebnisse auf dem Festland!

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Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn

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