Eine 3000 Kilometer-Fahrt und Jaguare im brasilianischen Pantanal

Zurück in Brasilien

Nach einem letzten Croissant kehren wir also zurück nach Brasilien. Das Verlassen French Guianas war natürlich einfach, verliessen wir doch einfach die EU. Der Grenzübergang aufseiten Brasilien war deutlich mühsamer als beim 1. Mal – nicht wegen strikten Kontrollen, langwierigen Prozessen oder vielen Leuten – im Gegenteil: Weil keine Person an dieser Grenze Lust hatte auch nur einen Finger zu rühren. Mühselig wurde der Pass gestempelt. Als wir nach dem Zoll fragten, um die Temporärimportpapiere fürs Auto zu erhalten beharrte der Beamte drauf, dass wir solche nicht brauchen und endlich ins Land fahren sollen. Erst als ihm klar wurde, dass wir uns auf keinen Fall abwimmeln lassen, führte er uns widerwillig zum Zoll. Dort mussten wir erst warten bis überhaupt eine Beamtin kam. Diese, so langsam wie ein Faultier, hat uns versucht zu überreden den Papierkram selbst online zu erledigen. Dies haben wir im Vorfeld mehrmals versucht, hat aber nicht funktioniert und war bei der ersten Grenzüberquerung auch nicht nötig. Erst als wir bewiesen, dass es nicht ging, machte sie sich widerwillig an die Arbeit. Nachdem sie uns zum 10. Mal fragte, wo wir nach Brasilien hingehen (Bolivien) hatte sie irgendwann die Dokumente fertig, liess und dann aber noch eine halbe Stunde warten bevor sie sie uns aushändigte. Zum Kennzeichen oder Auto von innen oder aussen zu kontrollieren hatte niemand Lust, wir hätten alles Mögliche schmuggeln können.

Verladung bei Sonnenaufgang

Amazonas-Bootsfahrt und dann einmal durch Brasilien

Dann müssen wir erstmal einen ganzen Tag lang 600 Kilometer durchfahren, um nach Santana am Amazonas-Fluss zu kommen. Die Strasse durch hauptsächlich Amazonas-Dschungel ist abenteuerlich – unbefestigt aus rotem Staub, mit gigantischen Schlaglöchern und wackligen Brücken bei welchen „Max. 5 Tonnen“ draufsteht, wobei wir trotzdem so manche über 20-Tonnen-Laster passieren.
Wir kommen heil in Santana an – hier legt am nächsten Morgen unser Schiff ab. Wir müssen auf die andere Seite des Amazonas kommen. Hier in der Delta-Region des grössten Flusses der Welt ist dies ein grösseres Unterfangen: Ganze 24 Stunden lang dauert die Überfahrt und dabei müssen wir eine Flussinsel mit einer Fläche so gross wie die Schweiz umfahren.
Unser Agent sorgt dafür, dass wir die Nacht im sicheren Hafengelände verbringen dürfen. Um eins in der Nacht werden wir geweckt. Wir sollen jetzt bereits aufs Schiff fahren. Wir fahren vors Schiff, warten eine Stunde und legen uns schliesslich wieder schlafen, da wir nichts mehr hören. Typische lateinamerikanische Prozesse. Um 6 Uhr morgens werden wir dann effektiv verladen.
Wir sind froh, ein überdachtes Plätzchen zugewiesen zu bekommen, so sind wir im Schatten und können uns gemütlich im Auto aufhalten. Im Passagierbereich des Schiffs werden die Menschen nämlich gehalten wie Sardinen in der Büchse. Sitzplätze oder Kabinen gibt es keine, dafür Hängematte dicht an Hängematte, teilweise gar übereinander. In den Hängematten hält man sich sowohl tagsüber auf als auch zum schlafen in der Nacht. Dazwischen befinden sich riesige Boxen mit frischen Fischen und Shrimps, die am Ziel verkauft werden. Dementsprechend „duftet“ es auch die ganze Zeit. Einmal erleben wir einen Regenschauer und es fängt an praktisch waagrecht zu regnen, das heisst, die auf der Seite offenen Passagierdecks werden alle nass. Kurz, wir sind echt dankbar uns im Auto aufzuhalten und schlafen zu können statt in den Hängematten. Zufälligerweise sind zwei weitere Overland-Reisende aus Frankreich auf dem Boot, die ihr Auto nach French Guiana verschifft haben. Wir kochen etwas für uns alle, packen unsere Campingtische und Stühle aus und essen dann zu viert auf dem Deck. Das Schiff manövriert durch Kanäle und Flussinseln des Deltas. Auf den Flussinseln sehen wir immer wieder einfache Holzhäuser. Es gibt keine Strassen und so sind diese Communities nur per Boot erreichbar. Wenn eine Fähre wie unsere vorbei kommt, paddeln Kinder in Holzkanus raus zum Schiff in der Hoffnung, dass Passagiere Kleider oder sonstige Artikel rauswerfen, was auch tatsächlich passiert. Manchmal kommt ein grösseres Boot angefahren, das an unseres befestigt wird, damit während der Fahrt vom anderen Boot kistenweise Shrimps und Fische rübergeladen werden. Danach wird das Boot wieder losgemacht. Unser Boot bringt die Ware nach Belém, wo sie verkauft wird.
Auf der anderen Seite des Amazonas – in der Grosstadt Belém – angekommen machen wir uns endlich auf in eine Churrascaria, um vom berühmten brasilianischen Barbecue zu essen. Wie dabei üblich gibt es ein riesiges leckeres Beilagenbuffet und eine grosse Auswahl an Fleisch, direkt vom Grill. Bezahlt wird nach Gewicht. Wir verstehen leider nicht genau was wir essen, da nur auf Portugiesisch kommuniziert wird, aber es ist lecker. Damit sind wir gestärkt für die grosse Fahrt durchs ganze Land. Drei Tage lang fahren wir 12 Stunden am Tag durch. Anfangs sind wir noch im Amazonas-Gebiet (wovon man aber nicht viel merkt, da auch hier viel gerodet wurde). Danach fahren wir durch endlose Ebenen. Unendliche Weite, endlose Felder, ein riesiges Grossgrundstück nach dem Anderen. Dagegen können die Great Plains in den USA einpacken. Man sieht es an den Autoaufklebern und Fähnchen: hier sind die Bolsonaro-Wähler zu Hause. Glücklicherweise gibt es immer tolle Tankstellen unterwegs, wo wir kostenlos übernachten dürfen und dabei Toilette, Dusche und WLan gratis nutzen dürfen. Wir hoffen stets gigantische Ameisenbären oder Gürteltiere anzutreffen, aber leider sehen wir diese nur tot auf der Strasse.
Leider fehlt uns die Zeit um Abstecher zu Sehenswürdigkeiten zu machen, aber ein Spaziergang zum schönen Wasserfall Véu da Novia gönnen wir uns dennoch. Diese Gegend mit den wildbewachsenen Tafelbergen ist allgemein sehr schön und würde zum Entdecken einladen, aber das müssen wir verschieben.

Der Pantanal

Krokodile zum Sonnenuntergang

Letzter Stopp für uns in Brasilien ist der Pantanal. Der Pantanal ist das grösste Binnenland-Wetland (Feuchtgebiet) der Welt – und damit halb so gross wie Deutschland. Obwohl nur 5% davon geschützt ist (der Rest ist privates Farmland), ist es ein Paradies für die Tierwelt.
Wir beschränken uns auf den nördlichen Pantanal, den wir mittels einer ca. 150 Kilometer langer unbefestigter Strasse auskundschaften können. Die Strasse endet an einem Fluss, der per Boot zu erkunden ist. Über 100 abenteuerliche Holzbrücken, eine schlimmer als die andere, befinden sich auf der Strecke, aber die Tierwelt ist wahrhaftig gigantisch. Unglaublich viele verschiedene Vögel (leider sind wir keine Kenner, aber bei dieser Vielfalt steigt das Interesse an Vögeln doch deutlich) leben hier. Dann sehen wir Unmengen Capybaras, das sind die grössten noch lebenden Nagetiere und Tausende von Krokodilen (Kaimane), einige Äffchen und Strausse. Tatsächlich herrscht im Pantanal die grösste Krokodildichte der Welt mit 10 Millionen Stück. Es soll auch jede Menge Anacondas und Kobras geben, die wir leider nicht zu Gesicht bekommen. Uuund mit 2000 Jaguaren gibt es hier die grösste Jaguardichte der Welt – die Chance einen Jaguar in freier Wildbahn zu sehen, ist somit hier am Höchsten. Kein Wunder, mit den Unmengen an Kaimanen und Capybaras, beides Jaguar-Futter, müssen sich die Jaguare fühlen wie im Schlaraffenland. Es macht Spass die Tierwelt zu beobachten. Vögel, die versuchen Schlangen zu fangen, Krokodile, die nach Fischen schnappen oder regungslos da liegen mit dem Mund sperrangelweit offen. Capybaras, die dicht an dicht neben Krokodilen die letzten Sonnenstrahlen geniessen. 

Jaguar

Am Ende der Strasse am Fluss angekommen machen wir eine Halbtagesbootstour, da Jaguarsichtungen vom Boot aus am Wahrscheinlichsten sind. Und wir haben Glück. Nachdem wir seit Belize auf der Suche nach Jaguaren sind, sehen wir nun ganze 5 Stück an einem Morgen. Die Raubkatzen sind wunderschön, majestätisch und kräftig. Das spannendste Ereignis war, als wir ein Jaguar am Ufer beobachtet haben und plötzlich ein grosse Gruppe Riesenotter angeschwommen kam, die den Jaguar provozierten. Sie kamen ganz nah ans Ufer, tauchten auf und ab und fauchten den Jaguar richtiggehend an (Video unten). So in der Herde sind wohl die Otter nicht so einfach zu bewältigen. Aber eben der Jaguar verhungert nicht – neben Kaimanen, Capybaras stehen noch ca. 80 andere Tiere im Pantanal auf seinem Speiseplan. Kein Wunder werden die Jaguare hier auch deutlich grösser als in anderen Regionen – Männchen wiegen ca. 100kg. Nach der Bootstour finden wir ein schönes Wildcampingplätzlichen an einem weiteren Fluss. Mit mehr Fischarten als in allen europäischen Flüssen zusammen ist der Pantanal auch ein Fischerparadies, was sich Raphi zunutze macht. Schnell gesellen sich Krokodile zu Raphi in der Hoffnung etwas von der Beute abzubekommen ohne selbst jagen zu müssen. Tatsächlich fängt Raphi immer wieder Piranhas, die er aufgrund der kleinen Grösse wieder freilässt, aber die Krokodile sind zu langsam. Das war auch bereits unser letzter Abend in Brasilien, da wir planen am nächsten Tag die Grenze nach Bolivien zu überqueren. Im 5. grössten Land der Welt mit den wahnsinnig freundlichen Menschen, mit so Vielem zu entdecken und sehr leckerem Essen hatten wir definitiv zu wenig Zeit, aber wir kommen irgendwann wieder!

Ein paar Szenen aus dem Pantanal:

Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn
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