Erlebnisse von 0 bis 5200 m.ü.M. in Ecuador

Da in Eile, haben wir uns für Ecuador nur eine gute Woche Zeit genommen. Wir hoffen aber Ecuador irgendwann noch ausgiebiger erkunden zu können, vielleicht in Kombination mit einem Besuch der Galapagos Inseln.

Quito und der Äquator

Äquator Faxen

Nach dem Aufenthalt auf dem deutschen Campingplatz Sommerwind sind wir weiter Richtung 2 Mio. Einwohner Hauptstadt Quito. Auf dem Weg besuchen wir den an manchen Tagen grössten Markt Südamerikas in Otovalo und kaufen Anouk einen Poncho, der in den Anden warm geben soll. Raphi wurde nicht fündig. Nördlich von Quito passieren wir den Äquator. Wir verzichten darauf das touristische Monument mitsamt gemalter Äquatorlinie zu besuchen. Dieses liegt an falscher Stelle, da sich ein paar Missionare dazumal um ein paar hundert Meter vertan haben. Stattdessen suchen wir die Catequilla Stätte auf, eine abgelegene, kaum besuchte und unkommerzialisierte Ruine aus Prä-Inkazeiten (8. Jahrhundert), welches als astronomisches Observatorium diente und genau auf dem Äquator liegt. Es befindet sich zugleich ein neues Monument daneben, welches sich gut dazu eignete, ein paar Äquator Fotos zu schiessen.
In Quito treffen uns mit einem Ecuadorianischen Pärchen, welches selber bereits mit dem Motorrad Südamerika bereist hat und mit welchem wir dank einer Facebook Gruppe in Kontakt stehen. Sie haben uns nicht nur Unmengen Reisetipps und Routen mit auf den Weg gegeben, sondern sind auch von ausserhalb der Stadt anreist, um uns Quito zu zeigen und uns dann ins edle Restaurant einzuladen (keine Widerrede möglich). Er ist interessanterweise Müller und hat in der Schweiz eine Müllerausbildung gemacht, da es bei St. Gallen eine renommierte Schule dafür gibt, was wir nicht mal wussten.
Die Innenstadt Quitos geniessen wir sehr, die Kolonialbauten sind prächtig, die Kirchen innen wunderschön detailreich mit viel Gold geschmückt. Sie gefallen uns mehr als die oft simplen Kirchen, die wir bisher in Lateinamerika gesehen haben. Quito war dank seiner Kolonialbauten die erste UNESCO Weltkulturerbestadt.
Ausserhalb der Innenstadt wirkt die Stadt ein wenig trostlos, viele Läden sind geschlossen, wenig Leute zu Fuss unterwegs, die Fassaden sind graffitiverschmiert. Man merkt, dass es Ecuador wirtschaftlich schlecht geht. Schon vor der Pandemie war Ecuador verschuldet und hat dann in Vereinbarung mit dem IWF Sparmassnahmen ergriffen wie öffentliche Ausgaben und Benzinsubventionen zu streichen. Dies hat zu Aufruhr in der Bevölkerung geführt. Mit der Pandemie ist die Arbeitslosigkeit und Armut massiv gestiegen, Ecuador hat erst sehr spät die Grenzen wieder geöffnet und so treffen mit Covid-19 diese Sparmassnahmen alle noch viel härter. Erst vor ein paar Wochen hat es massive Proteste, Streiks und Blockaden im ganzen Land gegeben, bis die Regierung Kompromisse eingegangen ist, wie den regulierten Treibstoffpreis wieder zu senken.
In Quito bleiben wir 2 halbe Tage und geniessen dabei die lokale Küche, die übrigens sehr lecker ist – Kartoffelsuppe mit Avocado und Käse, riesige luftige Empanadas (frittierte Teigtaschen) mit Käse gefüllt, warme Bananen vom Grill mit Käse gefüllt, Canelazos – heisser Punch mit Aguardiente (Zuckerrohrschnaps) oder Ponche, aufgeschäumter Eierpunch. Auf Cuy verzichten wir vorläufig. Cuy sind Meerschweinchen, die auf dem Land überall am Strassenrand an Drehspiessen gegrillt werden. In Quito machen wir auch wieder mal eine für uns nicht nachvollziehbare, in unseren Augen völlig abstruse Geschäftserfahrung, die wohl in Europa nie geschehen würde: Wir holen eine Seilwinde ab, die wir für die Amazonasdurchquerung bestellt haben und die wir Wochen davor bereits per Überweisung anbezahlt haben. Nachdem die Transaktion vollständig war (wir den Restbetrag per Banktransfer bezahlt haben und die Seilwinde in unserem Auto liegt) kommt der Chef des Ladens und will plötzlich 20% mehr. Es ist ihm aufgefallen, dass seine Bank ihm 20% Kommission berechnet. Er macht uns den Vorwurf, dass wir das hätten wissen sollen (als ob wir die AGB’s seiner Bank kennen, in Kolumbien haben wir ohne Probleme mehrmals per Transfer bezahlt). Der Chef wollte ja das Geld per Banktransfer, und wenn er die Konditionen seiner Bank nicht kannte, dann hätte er spätestens nach der Anzahlung die Kommission bemerken sollen. Riesige Diskussionen, einige Stunden und dem guten Support unsrer Bank (Revolut) später können wir das Problem lösen.

Der Vulkan Cotopaxi

Der Cotopaxi ist mit einer Höhe von 5911 Metern der zweithöchste Gipfel Ecuadors und ein aktiver Vulkan. Wir schaffen mit dem Land Cruiser den bisherigen Höherekord: den Parkplatz auf ca. 4600 Höhemetern am Vulkan. Von dichtem Nebel umgeben und enttäuscht den Vulkan nicht zu sehen beschliessen wir den Nachmittag auf dem Parkplatz im Auto zu verbringen. Irgendwann beschliessen wir doch noch ein paar Schritte zu laufen, wenn wir doch schon da sind. Aus den paar Schritten wird dann der ganze Weg bis ins Basislager auf 4864 Metern. Die paar fehlenden Höhemeter zur 5000er Marke konnten wir nicht auf uns sitzen lassen und so wandern wir weiter bis wir komplett spontan mit 5200 Metern unseren bisherigen Rekord von bisschen mehr als 5000 Metern in Mexico brechen und fast den Gletscher erreichen. Inzwischen sind auch die Wolken grösstenteils weg und die Aussicht herrlich!
Der Vulkan ist wunderschön, mit grünen bis goldenen Feldern zu Fusse, grau-schwarzem und weiter oben rötlichem Mittelteil aus Erde und Vulkanasche bis zum weissen mit Schnee und Gletschern bedeckten Gipfel. Als Belohnung gibts auf unserem wunderschönen Übernachtungsort mit dem Cotopaxi als Kulisse wieder mal ein Fondue zum Znacht.

Ein Kratersee und ein in Wolken versteckter Gigant und Rückkehr zu den Walen

Unseren Weiterweg führt durch idyllische Strassen und indigene Dörfer zur Laguna Quilatoa. Dieser Kratersee ist mit 250 Metern extrem tief und hat eine wunderschöne blaugrüne Farbe dank der Mineralien von ehemaligen Vulkanausbrüchen. Unterwegs folgen wir nach einem Hinweisschild einen Umweg zu einer total abgelegen auf einem Berg liegender Käserei. Wir dürfen der Käserin bei der Herstellung zuschauen, dabei probieren und kaufen leckeren, gealterten Hartkäse (eine Seltenheit hier). Es stellt sich heraus, dass diese herzliche Käserei-Familie von einem Schweizer unterrichtet wurde. Bei der Lagune angekommen verzichten wir aufgrund des Regens auf einen grösseren Spaziergang und fahren weiter zum grössten Vulkan Südamerikas und höchsten Berg Ecuadors. Dessen Gipfel ist der Ort der Welt, welcher am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernt ist und zugleich am nächsten bei den Sternen ist – der Vulkan Chimborazo. Grund, dass er mit „nur“ 6264 Metern über Meer den Mount Everest mit der Höhendefinition ab Erdkern übertrifft, ist, dass die Erde nicht perfekt rund ist sondern entlang des Äquators breiter.
Wir finden einen Wildcampingspot direkt am Berg umgeben von jeder Menge Vicuñas. Diese Alpaka-ähnlichen Tiere waren einst bedroht und in Ecuador komplett ausgestorben. Inzwischen sind sie geschützt und durch gespendete Tiere von Peru und Bolivien ist auch in Ecuador beim Chimborazo wieder eine Population vorhanden. Wir sind überrascht, wie gut wir die Höhe in Ecuador vertragen und auch stets auf 4000 Metern gut übernachten. Der einzige, der Probleme schiebt, ist unser Feueralarm. Dieser fängt oft in der Nacht aufgrund von Sauerstoffmangel (Kohlenmonoxid- Überfluss) an zu lärmen bis wir schliesslich die Batterie rausnehmen müssen, um nicht immer aufzuwachen.

Den Dschungel Ecuadors lassen wir aus, dafür fahren wir an die Pazifikküste. Wir erfrischen uns im Pazifik am Los Frailes Strand und fahren nach Puerto Lopez. Von dort aus wollen wir einen Ausflug auf die aufgrund ihrer Artenvielfalt mit dem Spitznamen Poor Mans Galapagos versehenen Insel „Isla La Plata“ machen. Da langes Wochenende ist, ist der Ausflug leider bereits ausgebucht und so entscheiden wir uns für eine Waltour. Buckelwale kommen jeweils von Juni bis September vom Antarktis nach Ecuador vor die Küste von Puerto Lopez um sich zu paaren und zu gebären. Da sie sich in der Paarungsphase befinden, sind jede Menge besonderer Verhaltungsweisen zu beobachten, wie zum Beispiel, dass die Männchen grossartige Sprünge machen, um Weibchen zu beeindrucken.
Nach unseren wunderschönen Walerlebnissen auf der Baja war diese Tour eine der gemischten Gefühle. Wir kamen zwar nah an die Wale ran und es war eindrücklich sie so nahe springen zu sehen, aber in unseren Augen wurde überhaupt nicht aufs Tierwohl geachtet. Jeweils 5-6 grosse Boote verschiedener Tourgesellschaften umkreisten die Wale und kamen dabei bis zu 2-3 Meter nahe ans Tier, während in Theorie 100 Meter Abstand eingehalten werden müssen. Das war traurig. Auf einer Boje sahen wir immerhin ein paar Blaufusstölpel oder mit griffigerem englischen Namen „Boobies“ – tollpatschig aussehende Vögel mit knallblauen Flossen und Schnabeln, einer der typischen Vogelarten der Galapagos.

Wunderschönes Cuenca

Nach einer weiteren Nacht am Strand weiter südlich überqueren wir erneut wunderschönes Andengebirge und treffen dabei zufällig ein deutsches Langzeitreise-Pärchen, welches seit 2016 mit dem Camper in Südamerika unterwegs ist. Wir unterhalten uns sehr lange mit ihnen, tauschen Erfahrungen aus (sie kommen von der südlichen Richtung, wir von der nördlichen), verabschieden uns und fahren weiter in die Stadt Cuenca. Wir stellen unser Auto in der Nähe eines Parks ab, lustigerweise genau wie das Pärchen, welches wir bereits wenige Stunden zuvor getroffen haben und so besichtigen wir die Stadt gemeinsam. Die drittgrösste Stadt des Landes ist ebenfalls UNESCO Weltkulturerbe. Die Innenstadt ist wunderschön mit ihren Kolonialbauten, den aufwendigen Fassaden, den grosszügigen, mit Geranien versehenen Innenhöfen, der Lage am Fluss und den Kopfsteinpflasterstrassen. Auf dem Dach der Catedral de la Inmaculada Concepción geniessen wir die Aussicht über die Stadt und schlendern danach durch die Strassen bevor wir auf einem winzigen Minibalkon die Happy Hour geniessen.

Eine spannende Gratwanderung zum Abschied

Unseren letzten Tag in Ecuador fahren wir wieder viel. Beim Cerro Mandango legen wir einen Halt ein, wo wir eine aufregende Rundwanderung abseits der Touristenpfade machen. Der erste Teil hoch zu einem Aussichtspunkt auf dem Berg ist sehr steil, anstrengend und bei Locals einigermassen beliebt, aber danach treffen wir keinen mehr an. Wir laufen ein paar Kilometer den Grat entlang und es ist furchterregend. Links und rechts geht es sehr steil runter, auch wenn es einem aufgrund der hohen Büsche manchmal nicht so bewusst ist. Es braucht extreme Aufmerksamkeit, damit man sich nicht vertritt. Teils ist der Grat auch selbst steil, was Halt zu finden bei diesem Boden aus loser Erde noch schwieriger macht. Nachdem wir den Grat verlassen haben mussten wir uns ein paar Kilometer lang durch Büsche kämpfen, wobei wir immer wieder den Weg verloren. Zum Glück waren die Tausenden von Spinnenwaben, von welchen der letzte Kommentator der Wanderung vor ein paar Monaten gewarnt hat weg. Ja, das war abenteuerlich und auf eine Art spassig, aber wir tragen einige Andenken davon (Kratzer und ein paar Löcher in den Kleidern). Das war auch bereits unser Abschied vom schönen, vielfältigen Ecuador mit den stets sehr freundlichen Menschen. Wir fahren bis es dunkel wird, und bekommen netterweise von einem Wächter die Erlaubnis auf einer bewachten Baustelle vor dem Grenzübertritt am nächsten Tag kostenlos zu übernachten. Ja, Ecuador möchten wir irgendwann nochmals besuchen, es gibt noch so viel zu sehen und auch hier haben wir uns sehr willkommen und stets sicher gefühlt!

Gefahrene Kilometer seit Reisebeginn
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